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Lexikon der Neurowissenschaft: Bildwahrnehmung

Bildwahrnehmungw, E image perception, Leistung des Zentralnervensystems, die eine aufeinander abgestimmte Folge von Prozessen in Auge und Gehirn umfaßt (zur Bildwahrnehmung im Komplexaugesiehe Zusatzinfo ). Der Mensch nimmt elektromagnetische Strahlung mit Wellenlängen von 400-750 nm als Licht wahr. Zur Bildentstehung werden die Lichtstrahlen durch den dioptrischen Apparat des Auges gebrochen und auf der Netzhaut scharf abgebildet. Es entsteht ein umgekehrtes Bild der Umgebung. Die Pupille wirkt dabei als variable Blende, verringert Abbildungsfehler und reguliert den Lichteinfall. Stäbchen und Zapfen der Netzhaut enthalten verschiedene Sehfarbstoffe, deren Anregung durch Licht unter Vermittlung intrazellulärer Überträgersysteme den Erregungsvorgang einleitet (Phototransduktion). Die Hyperpolarisation der Photorezeptoren nach Belichtung wird im retinalen Netzwerk durch synaptische Neurotransmitter in die Antworten der Ein-Zellen und Aus-Zellen umgesetzt, die auch als ein Hell- und Dunkelsystem betrachtet werden können. Hemmungsmechanismen beeinflussen benachbarte Netzhautzellen. Dadurch entstehen visuelle rezeptive Felder mit erregenden Zentren und hemmenden Umfeldern. Das führt zu einer Verstärkung des Kontrasts in der Netzhaut. Die Sehschärfe bestimmt das Auflösungsvermögen bei der Bildwahrnehmung. Beim Menschen beträgt der normale Visus 1 (Winkelminuten-1). Bereits in der Netzhaut beginnt eine Spezialisierung der Zellfunktionen für die weitere Bildverarbeitung, bei der Form-, Farb- und Bewegungsinformation getrennt und parallel weiterverarbeitet werden. Eine Klasse großer retinaler Ganglienzellen ist Ausgangspunkt des magnozellulären Systems für eine im Gehirn zunehmend spezialisierte Weiterverarbeitung von Bewegungs- und Tiefenwahrnehmung, eine Klasse kleinerer Ganglienzellen ist Ursprung des parvozellulären Systems für die Farb- und Formwahrnehmung. Hinter der Sehnervenkreuzung (Chiasma opticum) ist die rechte Gesichtsfeldhälfte beider Augen in der linken Gehirnhälfte und spiegelbildlich die linke Gesichtsfeldhälfte rechts abgebildet. Die direkte Projektion von der Netzhaut zum primären visuellen Cortex im occipitalen Cortex zieht über das Corpus geniculatum laterale (Abk. CGL). Dort wird das schnell leitende, magnozelluläre System für das Bewegungssehen und das langsamere, parvozelluläre System für die Farb- und Musteranalyse in getrennten Schichten wie auf einer "inneren Netzhaut" retinotop abgebildet und zur primären Sehrinde weiterverschaltet. Benachbarte Orte der Netzhaut werden auch im CGL und in der Großhirnrinde benachbart abgebildet. Die Abbildung ist jedoch verzerrt, weil der Bereich um die Fovea centralis im Vergleich zur übrigen Netzhaut in einem größeren Gebiet repräsentiert ist (Vergrößerungsfaktor): die inneren 5° um die Fovea (von insgesamt 90° vertikalem und 70° horizontalem Sehwinkelbereich) sind zu 40% in V1 im visuellen Cortex repräsentiert. Damit stehen für die Analyse der mit der Fovea fixierten Bildanteile mehr Gehirnzellen zur Verarbeitung zur Verfügung. Im primären visuellen Cortex enden die Nervenfasern aus dem CGL. Die intracorticale Verarbeitung führt zu höherer Komplexität und Spezifität der Zelleigenschaften. Parallelverarbeitung von Form, Farbe und Bewegung bleibt weiterhin als Prinzip erhalten. Die verteilte Verarbeitung in Neuronengruppen der primären Sehrinde führt zu einer räumlichen Zerlegung der Bildanteile. Das führt wiederum zum Bindungsproblem, das gelöst werden muß, um distributiv und parallel verarbeitete, zusammengehörige Information wieder zusammenzubringen. In visuellen Cortexarealen höherer Ordnung erfolgt eine zunehmende Spezialisierung auf dem temporalen Weg bis hin zur spezifischen Farbwahrnehmung (im Areal V4) und hochkomplexen Mustererkennung (im Areal IT, z.B. Gesichtererkennung) und auf dem parietalen Weg zur Bewegungs- und Tiefenanalyse (im Areal V5 = MT). Für die eigentliche Bildwahrnehmung gibt es keinen "Betrachter" im Gehirn. Die Wahrnehmung erfolgt, während die Bildinformation auf der Verarbeitungsstrecke von occipital nach frontal über den magnozellulären Weg zur Aktion durch die Motorik oder über den parvozellulären Weg zur Speicherung oder zum Vergleich im Gedächtnis führt.

U.Ey.

Bildwahrnehmung

Bildwahrnehmung im Komplexauge:
Die Qualität der Bildwahrnehmung im Komplexauge ist durch den Winkel zwischen benachbarten Ommatidien begrenzt. Je kleiner dieser Winkel ist, desto höher wird die Auflösung, aber auch die Beugung, die das Bild wiederum verfälscht. Zur Optimierung der Bildwahrnehmung variieren viele Insekten sowohl die Ommatidiendurchmesser als auch die Krümmung der Hornhaut in einzelnen Regionen des Auges. Die Zone mit der höchsten Auflösung ist flach (kleiner Ommatidienwinkel), und die Ommatidien haben einen relativ großen Durchmesser (verminderte Beugung). Bei Bienen wurde festgestellt, daß sie schwarz-weiß gestreifte Muster verschiedener Orientierung und räumlicher Frequenz unterscheiden können, ebenso Ringe von gleichgroßen Kreisen.

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