Lexikon der Neurowissenschaft: Cerebralisation
Cerebralisation w [von latein. cerebrum = Gehirn], Zerebralisation, Encephalisation, Gehirnbildung,E cerebralisation, in der Phylogenese der Bilateria konform zur Cephalisation verlaufende Entwicklung, die infolge einer Konzentrierung von Nervenzellen in der Region des Bewegungspols zur Bildung eines zentralen Koordinationsorgans, eines Gehirns führt. Das geschieht bei den einzelnen Stämmen, wenn auch morphologisch und evolutiv unterschiedlich, nach den gleichen Prinzipien und führt von den meist paarigen Hirnganglien der Plattwürmer über die bei den Gliedertieren sich herausbildende Koordinationsteilung in ein Oberschlundganglion und ein Unterschlundganglion (eine Aufteilung, die prinzipiell auch bei den Weichtieren stattfindet) schließlich zum komplexen Gehirn der Wirbeltiere, unter denen das der Säugetiere die höchste Entfaltung erfährt (Chordaten-Nervensystem). – Bei zwei ähnlich angepaßten und nahe verwandten, aber verschieden großen Säugerarten hat die größere Art ein größeres Gehirn als die kleine. Da bei größeren Tieren eine größere Körperperipherie innerviert werden muß, brauchen diese für die gleiche Leistung ein größeres Gehirn als kleine Tiere. Da die Hirngewichtszunahme aber nicht proportional mit dem Körpergewicht zunimmt, haben große Arten ein absolut höheres, aber relativ geringeres Hirngewicht als kleinere Arten (Allometrie). Die Gehirne von zwei gleich großen Arten verschiedener Differenzierungshöhe zeigen ebenfalls Unterschiede. Die "höher evoluierte" Art besitzt ein größeres und weiter differenziertes Gehirn. Die Gehirngröße ist hier Ausdruck der Cerebralisation. Körpergröße und Cerebralisation sind zwei wesentliche Faktoren, welche die Gehirngröße beeinflussen. Diese Beziehungen können durch die Snell-Formel (1891) beschrieben werden: H = c·Kr; mit H = Hirngewicht, K = Körpergewicht, r = somatischer Exponent, der die Abhängigkeit von Hirngröße und Körpergröße beschreibt, c = andere Faktoren als Körpergewicht, die Einfluß auf das Hirngewicht haben, hier vor allem die Cerebralisation. Der Faktor c ist damit ein wesentliches Maß für die Cerebralisation eines Gehirns und wird manchmal auch als Encephalisationsindex bezeichnet. Der Durchschnittswert für den Menschen beträgt 28,7. Cephalisation, Economo, Evolution der Nervensysteme und Gehirne.
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