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Lexikon der Neurowissenschaft: cerebrovaskuläre Krankheiten

cerebrovaskuläre Krankheiten, Ecerebrovascular diseases, heterogene Gruppe von Erkrankungen, die arterielle oder venöse hirnversorgende Gefäße betreffen und zentralnervöse Symptome verursachen können. 1)cerebrale Ischämie (Hirnischämie): verminderte Durchblutung des gesamten (globale Ischämie) oder von Teilen (regionale Ischämie) des Gehirns. Die häufigsten Ursachen sind embolische Prozesse (arterio-arteriell oder cardial), arteriosklerotische Veränderungen an den großen hirnversorgenden Gefäßen (Makroangiopathie), im Bereich der Arteriolen (Mikroangiopathie), oder primär thrombotische Gefäßverschlüsse (z.B. bei Gerinnungsstörungen). Ist die Störung binnen 24 Stunden reversibel und mit bildgebenden Verfahren keine Veränderung nachweisbar, liegt eine transitorisch ischämische Attacke (Abk. TIA) vor, bei Reversibilität innerhalb 1 Woche ein reversibles ischämisches neurologisches Defizit (Abk. RIND); in den übrigen Fällen entwickelt sich ein Hirninfarkt (ischämischer Insult, Schlaganfall). – Die Symptome variieren je nach dem betroffenen Gebiet. Bei Infarkten der Arteria cerebri media resultieren meist armbetonte Halbseiten- und Gesichtslähmungen, bei linksseitigem Infarkt oft eine zusätzliche Sprachstörung (Aphasie). Infarkte im Gebiet der Arteria cerebri posterior zeigen Gesichtsfeldausfälle (Hemianopsie), Infarkte im Hirnstamm führen zu diversen Hirnnerven-Ausfällen in Kombination mit Schädigung auf- und absteigender Bahnsysteme (z.B. der Pyramidenbahn). Eine Thrombose der Arteria basilaris bewirkt ausgedehnte Infarkte des Hirnstamms und Kleinhirns und stellt ein lebensbedrohliches Krankheitsbild dar. Bei ischämischer supratentorieller Schädigung der absteigenden corticobulbären Bahnen resultiert das Syndrom der Pseudobulbärparalyse mit mehrfachen Hirnnervenausfällen. Multiple Infarkte können zur Multi-Infarkt-Demenz führen. 2)cerebrale Blutung: Sie kommt als hypertensive Massenblutung bei arterieller Hypertonie oder auch im Rahmen anderer cerebrovaskulärer Erkrankungen vor. Zum sekundär hämorrhagischen Infarkt kommt es durch Einblutung in einen ischämischen Infarkt. Gehirnblutung. 3) Gefäßfehlbildungen finden sich angeboren als arteriovenöses Angiom, kavernöses Hämangiom (Kavernom), kapilläres Angiom oder venöses Angiom. Arteriovenöse Fisteln (Kurzschlüsse zwischen Arterie und Vene) können auch traumatisch entstehen. Die durale arteriovenöse Fehlbildung(Durafistel) ist oft erworben, möglicherweise besteht auch ein Kausalzusammenhang mit venösen Thrombosen. Gefäßfehlbildungen können sich durch Blutung, epileptische Anfälle, pulssynchrones Ohrgeräusch, Kopfschmerzen, fokale neurologische Ausfälle oder sogenannte Steal-Phänomene (Umverteilung des Bluts zugunsten eines anderen Gefäßsystems) manifestieren. 4)Aneurysmen der Hirngefäße (Gehirnarterienaneurysma) stellen Wandaussackungen der Hirngefäße dar; sie können asymptomatisch bleiben, durch Raumforderung lokale Symptome hervorrufen oder zur Subarachnoidalblutung, gelegentlich auch intracerebralen Blutung, führen. 5) Angiopathien kommen, insgesamt selten, als cerebrale Amyloidangiopathie mit multiplen Blutungen und im Rahmen des CADASIL-Syndroms (Abk. für cerebral autosomal dominant arteriopathy with subcortical infarcts and leukencephalopathy) vor. 6) Vaskulitiden(Gefäßentzündungen) können bei systemischer Erkrankung auch die Hirngefäße betreffen. Selten sind die primäre Angiitis des Zentralnervensystems (granulomatöse Vaskulitis) und dasMoya-Moya-Syndrom (Arteriitis des Circulus willisii). Vaskulitiden manifestieren sich durch (multifokale) ischämische neurologische Ausfälle und Kopfschmerz. 7)Sinusvenenthrombosen können sich neben Kopfschmerz durch epileptische Anfälle, fokale neurologische Ausfälle, Bewußtseinsstörungen und Hirnblutungen anzeigen. 8) Die hypertensive Encephalopathie entsteht als akutes, reversibles Krankheitsbild bei Überschreiten der Grenzen der cerebralen Blutflußautoregulation (mit Kopfschmerz, Sehstörungen, fokalen neurologischen Ausfällen und epileptischen Anfällen). Chronische Folge des langjährigen Bluthochdrucks kann die subcorticale arteriosklerotische Encephalopathie (Abk. SAE, Binswanger-Encephalopathie) unter dem Bild der subcorticalen Demenz mit fokalen neurologischen Symptomen sein.

S.M.

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