Lexikon der Neurowissenschaft: Dynorphin
Dynorphins, ein 1982 entdecktes 32-Peptid mit Opiatwirkung ( siehe Zusatzinfo ; zählt neben Endorphinen und Enkephalinen zu den Opiatpeptiden). Es enthält sowohl N-terminal als auch im Abschnitt 20-24 jeweils die Sequenz des Leu-Enkephalins (im Kleindruck fett) sowie im Abschnitt 1-17 ein bereits 1979 partiell charakterisiertes Dynorphin-17 (kursiv). Das zuerst entdeckte Dynorphin-17 wird als Dynorphin A und das 13-Peptid der Sequenz 20-32 als Dynorphin B bezeichnet. Das Dynorphin-8 mit der N-terminalen Sequenz 1-8 (unterstrichen) wurde im Hypothalamus in vergleichbaren oder höheren Dosen als Dynorphin A gefunden. Dynorphin-8 wurde pharmakologisch als hochpotenter Ligand des Kappa-Opiatrezeptors klassifiziert. Dynorphin A ähnelt strukturell einem jüngst identifizierten Neuropeptid, das als Orphanin FQ bzw. Nociceptin bezeichnet wird und der endogene Ligand eines weiteren Opioid-ähnlichen Rezeptors, des OFQ/N1-17-Rezeptors, ist. 1982 wurde aus der cDNA die Sequenz des Prä-Prodynorphins abgeleitet. Wegen der Ähnlichkeit des aus 256 Aminosäuren aufgebauten Proteins mit dem Enkephalinpräkursor wurde dieser Biosynthesevorläufer zunächst als Prä-Proenkephalin B bezeichnet. Da Leu-Enkephalin kein physiologisches Produkt dieses Präkursors ist, wird die Bezeichnung Prä-Prodynorphin vorgezogen. Prä-Prodynorphin enthält auch die Sequenz des Neoendorphins. – Die Dynorphine sind im Nervensystem nahezu ubiquitär nachweisbar. Sehr viele dynorphinerge Nervenzellen finden sich im Hypothalamus (Nuclei supraopticus und paraventricularis), in verschiedenen limbischen Strukturen (Amygdalae, Hippocampusformation, laterales Septum, Nucleus interstitialis striae terminalis; limbisches System) und in verschiedenen Kernen des Hirnstamms (z.B. im zentralen Höhlengrau, Colliculi inferiores, Nucleus spinali nervi trigemini). In den magnozellulären Neuronen des Nucleus supraopticus ist Dynorphin mit Vasopressin colokalisiert. Neben endokrinen Funktionen des Hypothalamus-Hypophysen-Systems moduliert Dynorphin sensorische Funktionen (einschließlich der Schmerzwahrnehmung; Schmerz) auf verschiedenen zentralnervösen Ebenen. Dynorphin scheint außerdem Störungen von Lern- und Gedächtnisleistungen zu kompensieren, die auf einer defizitären cholinergen Neurotransmission beruhen (Acetylcholin, Cholinergika, Nootropika). Zusammen mit anderen Opiaten wird dem Dynorphin eine zentrale Rolle bei der Regulation der Belohnungszentren des mesolimbischen dopaminergen Systems zugeschrieben. Danach ist die Aktivierung von Kappa-Rezeptoren durch Dynorphin mit Aversivität und verminderter Dopaminfreisetzung in diesem Belohnungssystem assoziiert und wirkt damit der über die Aktivierung von Delta- und Mu-Rezeptoren vermittelten Belohnung entgegen. Belohnende Wirkungen von Psychostimulantien wie Amphetaminen und Cocain werden durch Kappa-Rezeptoraktivierung gedämpft. Chronische Behandlung mit Cocain führt umgekehrt zu verstärkter Freisetzung von Dynorphin und Expression von Kappa-Rezeptoren. Störungen dieser Kontrolle dopaminerger Belohnungsstrukturen durch Opioide werden als Ursache für die Entwicklung und Aufrechterhaltung von Suchtverhalten angesehen (Sucht).
Dynorphin
H-Tyr-Gly-Gly-Phe-Leu-Arg-Arg-Ile-Arg-Pro-Lys-Leu-Lys-Trp-Asp-Asn-Gln-Lys-Arg-Tyr-Gly-Gly-Phe-Leu-Arg-Arg-Gln-Phe-Lys-Val-Val-Thr-OH.
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