Lexikon der Neurowissenschaft: Edinger
Edinger, 1) Ludwig, deutscher Neurologe, *13.4.1855 Worms, †26.1.1918 Frankfurt a.M.; ab 1904 Direktor des neurologischen Instituts der Senckenberg-Gesellschaft in Frankfurt a.M.; erhielt dort 1914 den ersten Lehrstuhl für Neurologie. Er führte bedeutende Arbeiten zur Anatomie des Gehirns durch und unternahm den ersten Versuch einer vergleichenden Hirnanatomie. Er untersuchte die Frage, ob mit dem entwicklungsgeschichtlichen Auftreten neuer Hirnteile ("Neuhirn") auch neue Funktionen zu den älteren des "Urhirns" hinzukommen. Die von ihm 1909 aufgestellte Edinger-Regel besagt, daß das Großhirn bei fortschreitender phylogenetischer Entwicklung verstärkt die Kontrolle über die sensorischen und motorischen Funktionen übernimmt. Nach ihm benannt wurden das Edinger-Bündel (Bündel von Nerven, die von den Rückenmarkssträngen zum Thalamus ziehen) und der Edinger-Westphal-Kern. 2) Tilly (Ottilie), deutsch-amerikanische Paläoneurologin, Tochter von L. Edinger, *13.11.1897 Frankfurt a.M., †27.5.1967 Cambridge (Mass.); 1920-1938 Mitarbeiterin am Senckenberg-Museum in Frankfurt a.M., nach kurzem Aufenthalt in England 1940 Emigration in die USA (aufgrund Verfolgung der jüdischen Mitbürger im "Dritten Reich"), arbeitete seitdem (ab 1948 als "Research Paleontologist") am Museum of Comparative Zoology der Harvard University in Cambridge (Mass.); Begründerin der modernen Paläoneurologie; formulierte nach Untersuchungen an fossilen Pferde-Skeletten das Prinzip der "Nicht-Korrelation" von neuroanatomischen mit sonstigen Merkmalen in der Evolution; widerlegte die "Gesetze der Gehirnevolution" von O. Marsh, nach denen Arten zum Aussterben vorherbestimmt sind, deren Gehirngröße unter dem Durchschnitt der gesamten, kontemporären Artengruppe bleibt. Endocranialabdruck.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.