Lexikon der Neurowissenschaft: embryonale Stammzellen
embryonale Stammzellen [von griech. embryon = Leibesfrucht], Abk. ES-Zellen, Eembryonal stem cells, kontinuierlich proliferierende, pluripotente Zellen eines frühen Embryonalstadiums, aus denen sämtliche differenzierte Zellen, auch die der Keimbahn, hervorgehen können (Stammzellen). Zwei große biologisch-medizinische Forschungsrichtungen basieren auf diesen Eigenschaften. Zum einen können embryonale Stammzellen der Maus in Kultur gentechnisch manipuliert und anschließend in Maus-Blastocysten injiziert werden. Auf diese Weise lassen sich zunächst chimäre Mäuse erzeugen. Ist die modifizierte ES-Zelle an der Bildung der Keimbahn-Zellen der Chimäre beteiligt, so lassen sich über Kreuzungen auch vollständige Mausmutanten herstellen. Meist schaltet man durch homologe Rekombination einzelne Gene in ES-Zellen aus und verwendet die Zellen, um knock-out Mutanten zu erhalten. Auf die gleiche Art lassen sich jedoch auch Genfunktionen verändern (knock-in Mäuse) oder Fremdgene zur Expression bringen (transgene Mäuse). Inzwischen wird versucht, embryonale Stammzellen auch aus anderen Tieren, etwa Rindern, zu gewinnen, um sie gentechnisch zu verändern und so transgene Tiere zu erhalten. Auch embryonale Stammzellen des Menschen konnten mittlerweile gewonnen und kultiviert werden. – Die andere Forschungsrichtung zielt auf eine Verwendung von ES-Zellen bei der Erzeugung in vitro gezüchteter Transplantate ab. In vitro vermehrte ES-Zellen können Zellhaufen (E embryoid bodies) ausbilden, deren Einzelzellen beginnen, sich zu Zelltypen entodermaler, ektodermaler oder mesodermaler Zuordnung zu differenzieren. Bisher läßt sich diese Differenzierung durch Zugabe bestimmter Stoffe nur begrenzt in Richtung eines bestimmten Zelltyps steuern. Eine gezielte Differenzierung würde eine breite Palette möglicher medizinischer Anwendungen (Stammzelltherapie) eröffnen. Bei degenerativen Erkrankungen (z.B. Parkinson-Krankheit und andere neurodegenerative Krankheiten), bei verschiedenen Krebsformen (z.B. Leukämie) oder Diabetes mellitus könnten aus embryonalen Stammzellen differenzierte Zellen defekte Zellen ersetzen. Zudem sind ES-Zellen als Ausgangsmaterial für ausdifferenzierte menschliche Zellkulturen von pharmazeutischem Interesse, u.a. zum Austesten neuer Arzneimittel.
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