Lexikon der Neurowissenschaft: Ethanol
Ethanols,Äthanol, Ethylalkohol, Äthylalkohol, Weingeist, Eethanol, C2H5OH, oft kurz als Alkohol bezeichneter, bekanntester einfacher Alkohol, eine wasserklare, farblose, charakteristisch riechende, scharf schmeckende, brennbare und bei 78,3° C siedende Flüssigkeit. Trinkalkohol wird meist durch Vergärung zucker- oder stärkehaltiger Naturstoffe gewonnen; dadurch erhält man etwa 15 bis 20%iges Ethanol. Höhere Volumenprozente werden durch Destillation erreicht. Technisch wird Ethanol besonders aus Kartoffeln oder aus Holz, vorwiegend aus Ablaugen der Papierfabrikation durch Gärung und anschließende Destillation gewonnen (Sulfitsprit). – Als Genußmittel wirkt Ethanol in geringen Dosen anregend, in größerer Konzentration jedoch enthemmend und toxisch ( siehe Tab. ). Es wird vor allem durch die Magen- und Darmwand aufgenommen ( siehe Zusatzinfo ). Auch eingeatmete Dämpfe können Organschäden hervorrufen. Außer von den Schleimhäuten kann Ethanol auch von der Haut resorbiert werden. Anorganische und organische Giftstoffe sowie Medikamente setzen die Ethanoltoleranz herab, bzw. Ethanolgenuß steigert die Empfindlichkeit gegenüber solchen Stoffen. Hypnotika und Sedativa verstärken die Wirkungen von Ethanol; Psychotonika und Analeptika reduzieren sie. – Ethanol passiert ungehindert die Blut-Hirn-Schranke und kann daher bereits einige Minuten nach der oralen Aufnahme im Gehirn nachgewiesen werden. Ethanol erhöht in Zellen bei akuter Gabe die Membranfluidität und verändert bei chronischer Aufnahme die Zusammensetzung der Membranlipide (Membran). Die Wirkung auf das Nervensystem besteht zum einen in akuter Intoxikation ( siehe Tab. ), zum anderen in einer Anpassung an fortwährenden Alkoholmißbrauch (Alkoholismus). Die chronische Alkoholvergiftung ist gekennzeichnet durch Magen-Darmkanal-Reizungen mit verminderter Nahrungsaufnahme, Verdauungsstörungen, Leber- und Herzmuskelschädigungen sowie verschiedene Störungen des Zentralnervensystems. Besondere Krankheitsbilder sind z.B. Alkoholhalluzinose oder Delirium tremens (alkoholbedingte Krankheiten). – In geringen Mengen wird Ethanol auch im Körper unter physiologischen Bedingungen produziert, entweder durch den Stoffwechsel von Darmbakterien oder als Zwischenprodukt des Pyruvat- und Threonin-Katabolismus. Der sich hieraus ergebende Blutalkoholspiegel beträgt maximal 0,5‰. Ethanol wird durch eine Alkoholdehydrogenase in der Leber zu Acetaldehyd oxidiert; pro Stunde werden so etwa 0,1 g pro kg Körpergewicht abgebaut, und der Ethanolspiegel im Blut nimmt stündlich um etwa 0,1‰ ab.
Ethanol
| ||
0,1-1‰ | Dämpfung von hemmenden Mechanismen (Hemmung), vor allem in der Großhirnrinde und Formatio reticularis; führt zu Euphorie und subjektivem (unzutreffendem) Empfinden höherer Leistungsfähigkeit | |
1-2‰ | Lähmung motorischer Zentren, Störungen der Koordination und Selbstkontrolle, Ataxien | |
2-3‰ | Verstärkung der Symptome, Gangstörungen und Bewußtseinsstörungen | |
ab 3‰ | Bewußtlosigkeit, Lähmung des Atem- und Kreislaufzentrums im verlängerten Mark, Tod |
Ethanol
Oral aufgenommenes Ethanol wird nur unwesentlich über die Mundschleimhaut, im Magen zu 20-30% und im oberen Dünndarm (nach 1-2 Stunden) zu 7O-80% schnell und vollständig über reine Diffusionsprozesse resorbiert. Hieraus wird ersichtlich, daß alkoholische Getränke, die mit einem Strohhalm getrunken werden, wegen ihrer insgesamt längeren Verweildauer an den resorptiven Oberflächen schneller zu einer berauschenden Wirkung führen, als dies bei schluckweisem Trinken der Fall ist. Die Resorptionsgeschwindigkeit ist von verschiedenen Faktoren abhängig; sie wird z.B. bei gefülltem Magen verlangsamt, steigt mit der Ethanolkonzentration und wird durch Kohlendioxid-haltige alkoholische Getränke (Sekt) stark gefördert. Durch die schnelle Resorption werden leicht Blutalkoholkonzentrationen erreicht, die die normale Abbaukapazität der Leber überfordern.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.