Lexikon der Neurowissenschaft: Fragiles X-Syndrom
Fragiles X-Syndrom s, Martin-Bell-Syndrom, Marker-X-Syndrom, Armenfrax, geschlechts-gebundene geistige Retardierung mit Makroorchidie, Abk. fraX, Efragile X-syndrome, fragile X-linked mental retardation, die häufigste familiäre Form von geistiger Behinderung mit einer Gesamtinzidenz von ca. 1:1600. Die geschlechtsspezifischen Werte betragen ca. 1:1250 Männer und 1:2500 Frauen. Der Erbgang ist X-chromosomal dominant mit geschlechtsabhängiger, unvollständiger Penetranz. – Der Name stammt von einer cytogenetisch sichtbaren brüchigen Stelle (FRAXA) am Ende des langen Armes des X-Chromosoms (Xq27.3). In diesem Chromosomenbereich wurde ein verlängerter, unstabiler CGG-Trinucleotidrepeat gefunden, der die sekundäre Methylierung und damit Inaktivierung der Promotorregion des FMR-1(fragile X mental retardation-1)-Gens bewirkt. Dadurch wird kein FMR-1-Protein mehr gebildet, welches vorwiegend im Gehirn und Hoden exprimiert wird und eine Rolle im RNA-Metabolismus spielt. In der Normalbevölkerung variiert die Triplett-Repeatzahl von 7-52, während fraX-Genträger zwischen 50 bis gegen 2000 Kopien aufweisen. Eine Trinucleotidexpansion auf eine CGG-Trinucleotidzahl auf über 50 bis 200 Kopien wird als Prämutation bezeichnet. Männliche (sogenannte normale transmittierende Männer, NTM) und weibliche Prämutationsträger (nicht-exprimierende Carrierinnen, NEC) sind klinisch immer gesund. In der weiblichen Meiose (und somit auch bei den Nachkommen von NEC) kann es durch weitere Expansion (> 200 bis gegen 2000 CGG-Kopien) und Methylierung zur sogenannten "full mutation" kommen, welche sowohl meiotisch als auch mitotisch äußerst instabil ist. Männliche Träger einer "full mutation" weisen nebst der zum Teil schweren geistigen Retardierung zusätzlich charakteristische Gesichtsdysmorphien, vergrößerte Hoden und bestimmte Verhaltensauffälligkeiten auf. Frauen zeigen mildere phänotypische Befunde. Erbkrankheiten (Tabelle).
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