Lexikon der Neurowissenschaft: funktionelles System
funktionelles System,E functional system, von P.K. Anochin auf Anregung I.P. Pawlows Anfang der 1930er Jahre entwickelte Theorie, die als Grundlage der physiologischen Architektur des Verhaltensaktes dient ( siehe Abb. ). Anstoß für den Verhaltensakt bilden die auslösenden Afferenzen, z.B. ein bedingter Reiz. Diese werden zusammen mit der Umgebungsafferenz, d.h. der Gesamtheit der anderen äußeren und inneren einwirkenden Faktoren, sowie mit Gedächtnis- und Motivationskomponenten in der Afferenzsynthese integriert. Das neurophysiologische Substrat der Afferenzsynthese bilden die aus den äußeren und inneren Rezeptoren, dem subcorticalen und corticalen Bereich eintreffenden Erregungen. Im Ergebnis der Afferenzsynthese entstehen ein Handlungsziel und eine Vielzahl variabler Handlungsprogramme. Nach dem Fällen der Entscheidung für eines der Handlungsprogramme erfolgt die Integration der notwendigen efferenten Erregungen. Eine Kopie des ausgesandten Erregungsprogramms (Efferenzkopie) bleibt für kurze Zeit im Gehirn erhalten und impliziert die Handlungsvorhersage. Die efferenten Erregungen führen zur Ausführung einer bestimmten Handlung, und durch die rückläufigen Afferenzen erhält das Gehirn integrierte Informationen über das Handlungsergebnis. Im Handlungsakzeptor wird das Handlungsergebnis mit dem Handlungsprogramm verglichen. Wenn beide übereinstimmen, werden die Erregungen gelöscht. Bei Nichtübereinstimmung entsteht eine Orientierungsreaktion, und es werden sofort Erregungen zur Formulierung eines neuen Handlungsprogramms ausgesandt. – Die Gesamtheit der Funktionen der höheren Nerventätigkeit besteht aus derartigen funktionellen Systemen, die sich auf der Grundlage der angeborenen Ordnungsprinzipien im Laufe der individuellen Ontogenese auf dem Wege der Selbstorganisation ausbilden. Organismus-Umwelt-Beziehungen, höhere Nerventätigkeit, Efferenzkopie.
Lit.:Anochin, P.K.: Beiträge zur allgemeinen Theorie des funktionellen Systems. Jena 1978.
funktionelles System
Funktionelles System des Verhaltensaktes nach P.K. Anochin – schematische Darstellung. 1 Die Ergebnisse der Handlung signalisieren über rückläufige Afferenzen dem Handlungsakzeptor, daß das Handlungsziel erreicht wurde; der Handlungsvorgang ist abgeschlossen. 2 Da hier die Rückmeldung nicht mit dem Handlungsprogramm übereinstimmt, wird eine Orientierungsreaktion ausgelöst, die zur Entscheidung für ein neues Handlungsprogramm führt.
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