Lexikon der Neurowissenschaft: Gehirnarterienaneurysma
Gehirnarterienaneurysmas, Hirnarterienaneurysma, E cerebral aneurysm, ein Aneurysma (lokale Erweiterung einer Arterie) im Bereich der Hirngefäße. Man unterscheidet verschiedene Formen und Ursachen. 1) Am häufigsten ist das Aneurysma verum (echtes Aneurysma), bei dem die Aussackung alle drei Schichten der Arterienwand betrifft. Es ist oft sack- oder beerenförmig, gelappt oder spindelförmig und sitzt entweder gestielt oder breitbasig auf der Arterienwand auf; die Größe variiert von stecknadelkopfgroß bis zur Größe eines Apfels (sogenanntes Riesenaneurysma). Die Ursache des echten cerebralen Aneurysmas ist fast immer eine angeborene Wandschwäche der Hirnarterien, wobei die Aussackung im Laufe der Zeit an Größe zunimmt. Seltenere Ursachen für Aneurysmen im Hirnkreislauf sind arteriosklerotische Wandveränderungen (Verhärtungen, Verdickungen), entzündliche Gefäßerkrankungen (z.B. Vaskulitis, Lues), bakterielle Streuung im Rahmen einer Entzündung der Herzhäute oder einer Blutvergiftung sowie Traumen (traumatisches Aneurysma). Aneurysmen kommen bevorzugt an den Hirnbasisarterien (im Circulus arteriosus cerebri) vor: am häufigsten an der Arteria communicans anterior (34%), in 30% der Fälle an der Arteria carotis interna und Arteria communicans posterior, in ca. 20% an der Arteria cerebri media und in ca. 10% im Stromgebiet der Arteria basilaris. Aus hämodynamischen Gründen sind Aneurysmen meist an Gabelungsstellen von Arterien zu finden, so z.B. die Aneurysmen der Arteria cerebri media meist an der Bi- oder Trifurkation. – Klinische Symptome: Werden Aneurysmen ohne klinische Symptome als Zufallsbefund entdeckt spricht man von asymptomatischen Aneurysmen; große, raumfordernde Aneurysmen bewirken klinische Symptome durch Druck auf benachbarte Strukturen (z.B. Lähmung des Oculomotorius bei Aneurysma der Arteria communicans posterior). Die häufigste und gefährlichste Manifestation ist das Reißen des Aneurysmas mit resultierender Subarachnoidalblutung, deren klinisches Leitsymptom der schlagartig einsetzende "Vernichtungskopfschmerz" ist, unter Umständen begleitet von Bewußtseinsstörungen oder fokalen neurologischen Symptomen. 2) Vom echten Aneurysma abzugrenzen ist das Aneurysma spurium (falsches Aneurysma), bei dem durch einen Riß in der ansonsten intakten Arterienwand Blut in das umgebende Bindegewebe gelangt und das meist durch ein Trauma verursacht wird (traumatisches Aneurysma). 3) Das disseziierende Aneurysma(Aneurysma dissecans) nimmt eine Mittelstellung zwischen echten und falschen Aneurysmen ein. Durch einen Riß der innersten Gefäßwandschicht gelangt Blut in die mittlere Gefäßwandschicht (Lamina muscularis media) und spaltet diese mit Bildung eines falschen Lumens auf. Ausgangspunkt ist meist die Aorta ascendens, die hirnversorgenden Gefäße können bis in ihren Verlauf im Schädel miteinbezogen werden. Klinisches Leitsymptom der Dissektion ist lokaler Schmerz, bei Einbezug der Hirngefäße resultieren cerebrale Durchblutungsstörungen. 4) Das arteriovenöse Aneurysma entsteht ebenfalls meist traumatisch und stellt den Einbruch eines arteriellen Aneurysmas in eine benachbarte Vene dar (meist Carotis-Cavernosus-Aneurysma). Ist keine Gefäßaussackung zwischengeschaltet, spricht man von einer arteriovenösen Fistel. – Diagnostisch ist die Angiographie die Methode der Wahl, größere Aneurysmen lassen sich teilweise auch mit der Kernspinresonanztomographie oder Computertomographie darstellen.
S.M.
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