Lexikon der Neurowissenschaft: Halluzination
Halluzinationw [von mittellatein. halucinatio = törichtes Reden],Ehallucination, mehrere oder alle Sinne betreffende, nicht durch (adäquate) äußere Sinnesreize hervorgerufene Trugwahrnehmung, die für die Person Realitätscharakter besitzt ( siehe Tab. ). Die Abgrenzung zur Illusion ist nicht immer strikt. Die Ursachen von Halluzinationen sind vielfältig: Es handelt sich häufig um Begleiterscheinungen eines Deliriums oder von Psychosen, z.B. Schizophrenie und affektive Störungen. Halluzinationen können durch Hirnreizungen ausgelöst werden, z.B. mit Elektroden oder bei Verletzungen (etwa im hemianopen Gesichtsfeld bei einer Schädigung des Hinterhauptslappens), mit Epilepsie oder Migräne einhergehen (z.B. als Aura) oder die Folge von Vergiftungen und Drogen (Halluzinogene) sein. Auch bei langdauernder sensorischer Deprivation, d.h. einer kompletten Abschirmung von Außenreizen, sind visuelle und akustische Halluzinationen häufig; sie werden von denselben sensorischen Rindenfeldern erzeugt, die auch die Wahrnehmungen verarbeiten. Bei Pseudohalluzinationen, wie z.B. visuellen Reizerscheinungen, können die Betroffenen den Trug durchschauen, wissen also von der Irrealität ihrer "Wahr"nehmung.
Lit.:Siegal, R.K., West, L.J. (Hrsg.): Hallucinations. New York 1975.
Halluzination
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akustische Halluzination | häufige Form, z.B. Stimmenhören bei Schizophrenie, Hörbahn- und Schläfenlappenschädigung | |
alkoholische Halluzination | akustische Halluzination, die noch über Monate der Abstinenz anhalten kann; verfälschte Wahrnehmungen im Delirium tremens sind Illusionen | |
elementare Halluzination | ungestaltete Täuschung, z.B. Photopsien (licht-, blitz- oder funkenartige Erscheinungen) und Akoasmen (akustische Täuschungen wie Dröhnen, Poltern, Donnern) | |
gustative Halluzination | Sinnestäuschung des Geschmacks (Parageusie), meist unangenehm, z.B. bei Schizophrenie und Epilepsie | |
haptische Halluzination, taktile Halluzination | Mißempfindungen wie Stiche, Elektrisieren, Bestrahlen, Berührung usw. im Bereich der Hautsinne; vor allem bei Schizophrenie (Involutionspsychose) und Vergiftungen | |
hypnagoge Halluzination, hypnopompe Halluzination | Visuelle, auditorische oder taktile Täuschungen mit oft traumähnlichem Charakter, die beim Einschlafen bzw. Aufwachen entstehen, auch bei Schlaflähmung, und flüchtig-affektionslos bis furchterregend sein können; häufig ist man dabei wach und gerade deshalb so verwirrt, weil sich reale und imaginäre Wahrnehmungen vermischen. | |
kinästhetische Halluzination | Bewegungstäuschungen | |
makropsychische Halluzination, Gulliver-Halluzination | optische Halluzination, bei der die halluzinierten Menschen als Riesen erscheinen | |
olfaktorische Halluzination, Phantosmie | Geruchstäuschung, meist unangenehm, z.B. bei Schizophrenie und Epilepsie | |
optische Halluzination, visuelle Halluzination | Der Patient glaubt, Photopsien oder aber ganze gegenständliche Szenerien (Personen, Tiere usw.) und Abläufe wahrzunehmen; kommt im Delirium und bei Epilepsien vor, außerdem bei bestimmten Formen der Migräne und nach Erblindung | |
komplexe Halluzination | Trugwahrnehmung mit ausgestaltetem Inhalt, ganzen Szenerien und Abläufen |
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