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Lexikon der Neurowissenschaft: hereditäre Neuropathien

hereditäre Neuropathien, erbliche Neuropathien, Ehereditary neuropathies, genetisch bedingte Erkrankungen des peripheren Nervensystems, die aufgrund ihrer Ursachen (genetische Defekte; siehe Zusatzinfo ) und Symptome in unterschiedliche Klassen unterteilt werden können. Zu den häufigsten dieser Erkrankungen zählen die hereditären motorisch-sensiblen Neuropathien (Abk. HMSN), die auch als Charcot-Marie-Tooth-Syndrome (Abk. CMT) bezeichnet werden. CMT stellt eine heterogene Gruppe von Krankheiten dar, die sich durch die zugrundeliegenden genetischen Defekte sowie die klinischen, elektrophysiologischen und pathologischen Merkmale unterscheiden lassen. Bei der häufigsten Form dieser Krankheitsgruppe, der demyelinisierenden Neuropathie CMT1, treten die ersten klinischen Symptome meist in der zweiten Lebensdekade in Form von Muskelschwäche, Muskelatrophie, Deformationen im Fußbereich (pes cavus) sowie sensorischen Störungen (meist in Form von Taubheitsempfindungen) in den oberen Extremitäten, vor allem in den Händen, auf. Der Krankheitsverlauf ist überwiegend langsam, aber kontinuierlich fortschreitend. Die Pathologie von CMT1 ist gekennzeichnet durch einen variablen Verlust von großen und kleinen myelinisierten Axonen sowie das Auftreten von Axonen mit abnormal dünner Myelinscheide (Demyelinisierung) und von Zwiebelschalenformationen. Die axonale Neuropathie CMT2 ähnelt klinisch CMT1, zeigt aber oft einen späteren Ausbruch und eine ausgeprägtere Muskelschwäche und Atrophie. Im Gegensatz zu den stark reduzierten Nervenleitungsgeschwindigkeiten (NLG) bei CMT1 zeigt CMT2 normale oder nur gering reduzierte NLG, jedoch verminderte Amplituden, was axonalen Verlust repräsentiert. Das Déjérine-Sottas-Syndrom (Abk. DSS, auch HMSN III genannt) ist eine schwere hypo- und demyelinisierende Neuropathie mit sehr niedrigen NLG. Die betroffenen Patienten zeigen die Symptome schon in den ersten Lebensjahren. Die kongenitale Hypomyelinisierung (Abk. CH) zeigt Hypotonie, Areflexie, distale Muskelschwäche und sehr niedrige NLG schon in früher Kindheit. Mildere Formen von CH lassen sich nur schwer von DSS unterscheiden. In Nervenbiopsien von CH-Patienten sind meist alle Fasern ohne Myelin oder stark hypomyelinisiert. Typischerweise fehlen aktiver Myelinabbau, Zwiebelschalenformationen und entzündliche Reaktionen. Die hereditäre Neuropathie mit Neigung zur Drucklähmung (Abk. HNPP) ist klinisch als eine zumeist milde Neuropathie charakterisiert, die durch Druck- oder Zugbelastungen bestimmter Nerven ausgelöst werden kann. Die beobachteten Lähmungserscheinungen sind oft nicht schwerwiegend und verschwinden häufig spontan. In Nervenbiopsien sind extreme Myelinverdickungen (Tomacula, Hypermyelinisierung) sowie segmentale Demyelinisierung zu sehen. Myelinproteine.

Bislang wurden 10 Gene identifiziert, deren Mutation hereditäre (Poly-)Neuropathien verursachen: peripheres Myelin-Protein 22, P0, Connexin 32, early growth response gene 2 (EGR2, ein Transkriptionsfaktor), NF-L, myotubularin-related protein-2 (dual-spezifische Phosphatase), N-myc downstream-regulated gene 1 (vermutetes intrazelluläres Signalmolekül), SPTLC1 (Serin-Palmitoyltransferase, long chain base subunit-1), Gigaxonin (Zellskelettkomponente) und Periaxin (Zellskelettkomponente von Schwann-Zellen). Da bislang insgesamt 27 chromosomale Loci identifiziert sind, ist mit der fortlaufenden Identifizierung weiterer solcher Gene zu rechnen.

hereditäre Neuropathien

Die verschiedenen Formen der hereditären Neuropathien sind auf unterschiedliche genetische Defekte zurückzuführen:
Die demyelinisierenden Neuropathien (CMT1) können aufgrund der fehlerhaften Genorte in unterschiedliche Untertypen unterteilt werden. CMT1A beruht meistens auf einer intrachromosomalen Duplikation einer 1,5 Mb langen Region des Chromosoms 17, die u.a. das PMP22-Gen (peripheres Myelin-Protein 22) enthält; seltener sind Punktmutationen im PMP22-Gen. CMT1B ist mit Punktmutationen im P0-Gen (Chromosom 1) assoziiert, CMTX mit Punktmutationen im Connexin-32-Gen (X-Chromosom). Punktmutationen im Gen für EGR2 (auch als Krox-20 bekannt) führen entweder zu CMT1-Neuropathien oder zur kongenitalen Hypomyelinisierung.
CMT2 ist genetisch heterogen und ist mit Loci auf Chromosomen 1p36, 3q und 7p14 assoziiert.
DSS kann durch Punktmutationen im P0-, PMP22- oder Egr-2-Gen verursacht sein. Ferner gibt es noch einen weiteren identifizierten Genlocus auf Chromosom 8.
CH kann durch Mutationen im P0- oder Egr-2-Gen verursacht werden.
HNPP ist die zur CMT1A genetisch reziproke Erkrankung, da in den meisten Patienten eine Deletion des PMP22-Gens gefunden wurde. Auch gibt es Punktmutationen im PMP22-Gen, die zu HNPP führen.

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