Lexikon der Neurowissenschaft: Herzmuskulatur
Herzmuskulaturw, E heart muscle, Sonderform der quergestreiften Muskulatur. Im Gegensatz zur Skelettmuskulatur mit ihren vielkernigen, plasmaarmen Fasern (Plasmodien) besteht die Herzmuskulatur aus einem Netzwerk verzweigter, plasma- und mitochondrienreicher (Dauerbelastung) Einzelzellen mit je einem mittelständigen, von einem Plasmahof umgebenen Kern (diagnostisches Kriterium gegenüber Skelettmuskulatur mit randständigen Kernen). Die zugbeanspruchten Verbindungen (Zellgrenzen) zwischen den einzelnen Herzmuskelzellen sind im Lichtmikroskop deutlich als querverlaufende Glanzstreifen (Disci intercalares) zu erkennen und bestehen aus derben Desmosomen-Platten, in denen zellinnenseitig die Myofibrillen verankert sind (Zugübertragung), unterbrochen von zahlreichen gap junctions, die der eigenen, nicht nervösen Erregungsleitung von Zelle zu Zelle über das ganze Zellnetz des Herzmuskels dienen. Anders als die willkürlich aktivierbare Skelettmuskulatur arbeitet der Herzmuskel unwillkürlich (unwillkürliche Muskulatur), und wie die glatte Muskulatur entbehrt er einer Eigeninnervation aller einzelnen Zellen und somit einer unmittelbaren Steuerung durch das Zentralnervensystem. Die Kontraktionswellen der Herzmuskulatur erfolgen automatisch aufgrund endogen erzeugter Erregung in einem bestimmten Grundrhythmus, der durch sympathische und parasympathische Innervation (Herznerven) der herzeigenen Erregungszentren (Sinus- und Atrioventrikularknoten, Herzautomatismus) lediglich moduliert werden kann. Eine physiologische Besonderheit der Herzmuskulatur ist ihre lange Refraktärzeit, welche die Kontraktionsfrequenz begrenzt und so Dauer-(Krampf-)kontraktionen ausschließt (Herzflimmern). In der Herzmuskulatur lassen sich 2 "Fasertypen" unterscheiden: die relativ fibrillenreiche, kurzfaserige Arbeitsmuskulatur (Hauptmasse des Herzmuskels = Myokard) und, zwischen diese eingebettet, Züge dickerer und längerer, extrem fibrillenarmer, aber plasmareicher Erregungsleitungsfasern (Purkinje-Fasern), die, ausgehend von den übergeordneten Knotengeflechten, sich im ganzen Myokard aufreisern und den Erregungs-Grundrhythmus von Sinus- und Atrioventrikularknoten auf die übrige Herzmuskulatur übertragen. Die Membranpotentiale dieser Erregungsleitungsfasern sind geringer, ihre Leitungsgeschwindigkeit ist höher als die der Arbeitsmuskulatur.
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