Lexikon der Neurowissenschaft: Hirntod
Hirntod m,E deanimate state, auch als dissoziierter Hirntod bezeichneter Zustand des völligen Erliegens der Hirnaktivität bei gleichzeitiger künstlicher Unterstützung der Herz-Kreislauf-Funktion (ist entsprechend erst seit Einführung der künstlichen Beatmung vom Herz-Kreislauf-Tod zu unterscheiden). Das Syndrom zeigt folgende klinische Kriterien: Koma, lichtstarre Pupillen, Ausfall der Spontanatmung, fehlende Reaktion auf Schmerzreize im Versorgungsgebiet des Trigeminus, Fehlen des Cornealreflexes, des pharyngealen Trachealreflexes und des vestibulo-okulären Reflexes. Diese Kriterien sind jedoch nicht zuverlässig bei Vergiftungen, Blockade der neuromuskulären Erregungsübertragung, bei Unterkühlung, Kreislaufschock, metabolischem oder endokrinem Koma und bei Behandlung mit Sedativa, z.B. Barbituraten. Bei primärer Hirnschädigung müssen diese Kriterien über mindestens 12 Stunden, bei sekundärer Schädigung über mindestens 72 Stunden erfüllt sein, damit von zwei unabhängigen Untersuchern die Diagnose des dissoziativen Hirntodes gestellt werden kann. Eine Reihe von technischen Untersuchungen kann die Beobachtungszeit verkürzen: Elektroencephalogramm, transcranielle Doppler-Sonographie, SPECT-Untersuchung (single-photon-Emissionscomputertomographie), Messung des cerebralen Perfusionsdrucks bei gleichzeitiger Hirndruckmessung, Messung der frühen akustischen Hirnstammpotentiale und der somatosensibel evozierten Potentiale. Die Feststellung des Hirntodes birgt zahlreiche ethische und theologische Probleme in sich ( siehe Zusatzinfo ; Ethische Probleme in der Neurowissenschaft). – Gelegentlich treten bei Hirntoten noch einzelne spontane oder durch Reize auslösbare Bewegungen auf, die jedoch auf Rückenmarksreflexen beruhen und nicht mit EEG-Aktivität korreliert sind.
Lit.:Stoecker, R.: Der Hirntod. Ein medizinisches Problem und seine moralphilosophische Transformation. Freiburg, 1999.
Hirntod
Der Hirntod ist durch die Entwicklung von Intensivmedizin und Transplantationsmedizin in den Mittelpunkt des Interesses gerückt. Für die Feststellung des Hirntodes zum Zweck der Organentnahme ist der Ausfall aller Hirnstammreflexe einschließlich der Eigenatemtätigkeit durch zwei Ärzte festzustellen (siehe Grundtext); außerdem das Fehlen von elektrischer Aktivität im Elektroencephalogramm (Nullinien-EEG, isoelektrische Linie) und das Erliegen der Hirndurchblutung (Hirnangiographie, Doppler-Sonographie, Hirnszintigraphie). Gleichzeitig muß eine Vergiftung, Stoffwechselentgleisung und Untertemperatur ausgeschlossen sein.
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