Lexikon der Neurowissenschaft: imagery
imagery [E], Bereich der Neurowissenschaft, der der Erforschung visuellen Vorstellens gilt; er ist auf den kanadischen Psychologen Allan Paivio zurückzuführen. Dabei wird die Frage behandelt, wie Informationen in Vorstellungen organisiert sind ( siehe Zusatzinfo ). Vorgänge des Vorstellens stehen in engem Zusammenhang mit Vorgängen des Gedächtnisses sowie der Aufmerksamkeit. An der Durchführung von Aufgaben zur visuellen Vorstellung scheinen occipitale, temporale und parietale Areale der Großhirnrinde beteiligt zu sein, und die dabei aktivierten Hirnregionen scheinen in enger Verbindung mit Regionen zu stehen, die ebenfalls bei der visuellen Wahrnehmung aktiviert werden. Demnach werden etliche der am Generieren von Vorstellungen beteiligten neuronalen Systeme auch für das Wahrnehmen benötigt. Zur Aktivierung extrastriärer Areae kommen zusätzlich frontale Aktivierungen: Eine mögliche Interpretation für deren Auftreten könnte in einer Involvierung des Arbeitsgedächtnisses liegen. – Das Generieren einer Vorstellung ist linkshemisphärisch zu lokalisieren, dagegen bildet sich die mentale Rotation als ein rechtshemisphärischer Vorgang ab. Für das Generieren von Vorstellungen ist eine Reihe von Operationen verantwortlich, deren Organisation in einem Verarbeitungsmodell zur Erzeugung bildhafter Vorstellungen zusammengefaßt werden kann: Abbilden (Picture-Modul), Finden (Find-Modul), Hinzufügen (Put-Modul). Als weitere Operationen stellen sich Rotieren (Rotate-Modul), Abtasten (Scan-Modul) und Einstellen (Zoom-Modul) dar.
imagery
Die Frage nach der Form von Gedanken und die Vorstellung, daß diese auch in "Bildern" Ausdruck finden, reicht bis zu den Anfängen unserer Kultur zurück (Aristoteles, Zeno von Citium) und findet ihren Ausdruck in den zwei Positionen der Würzburger und Leipziger Schulen, die um 1923 kontrovers diskutiert wurden, nämlich: das bildhaft-anschauliche im Vergleich zum nicht-anschaulichen bzw. verbalen Denken, bei dem Vorstellen nur eine untergeordnete Rolle zukommt. Höhepunkt dieser Diskussion ist die Imagery-Debatte, die gegen Ende der 1960er Jahre nach der "kognitiven Wende" in der Psychologie auftritt (Kognitive Neurowissenschaft). Vertreter dualer Codierung (Paivio) stehen solchen gegenüber, die sich auf ein Wiedergabe-System berufen (Pylyshyns Konzept der Proposition, in dem ein abstrakt-propositionales, d.h. nicht-räumliches, nicht-sprachliches System als einziges Wiedergabe-System postuliert wird): non-verbal versus verbal als getrenntes Gedächtnissystem.
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