Lexikon der Neurowissenschaft: Kabel-Theorie
Kabel-Theorie, Ecable theory, mathematische Theorie der Erregungsleitung, d.h. der Fortpflanzungsprozesse von Potentialen entlang neuronaler Fasern (Dendriten und Axone). Kernstück der Theorie sind verschiedene Formen der Kabel-Gleichung, einer partiellen Differentialgleichung für das MembranpotentialV, die mit der Telegraphengleichung der Elektrotechnik verwandt ist, aber keinen Induktivitätsterm (zweite Ableitung nach der Zeit) enthält. Wichtig ist ein Term mit zweiter Ableitung nach dem Ort, wodurch die Gleichung auch eine Verwandtschaft zur Diffusionsgleichung bekommt; dieser Term ist dafür verantwortlich, daß sich ein Erregungs-Peak in Form einer Diffusion im Laufe der Zeit verbreitert, d.h. sich unter Abschwächung seiner Stärke in die Nachbarschaft ausbreitet. In der einfachsten Form ist die Kabel-Gleichung linear ( siehe Abb. ) und beschreibt die passive Erregungsleitung in Dendritenbäumen. Durch Heranziehen elaborierter Näherungsverfahren können heute komplexe Dendritenbäume realistisch durchgerechnet werden. Der diffusiven Verbreiterung und Abschwächung von Erregungs-Peaks können nichtlineare Mechanismen entgegenwirken, die als zusätzliche Terme in die Kabel-Gleichung eingebaut werden. Dies ist z.B. bei den Hodgkin-Huxley-Gleichungen und den Fitzhugh-Nagumo-Gleichungen der Fall; es kommt zu einer formerhaltenden (solitären) Fortpflanzung von Erregungen, den Aktionspotentialen. Nichtlineare Mechanismen können aber auch in sogenannten Verstärkerzonen (hot spots) des Dendritenbaums eine Rolle spielen, wobei diffusiv abgeschwächte dendritische Potentiale auf dem Weg zum Perikaryon wieder aufgefrischt werden.
Lit.:Koch, C.: Biophysics of Computation, Oxford University Press 1999.
Kabel-Theorie
Die einfachste (lineare) Form der Kabel-Gleichung
Zur Lösung der Kabel-Gleichung muß ein Membranpotential V(x,t) in Abhängigkeit vom (Kabel-)Ort x und der Zeit t gefunden werden, das der Gleichung genügt. Dabei beschreibt I(x,t) die von Synapsen eingespeisten "postsynaptischen Ströme" in Abhängigkeit von Ort und Zeit; C ist die Membrankapazität; R der gesamte (transversale) Widerstand für Ströme durch die Membran; D eine Konstante, in die der (longitudinale) Widerstand für Ströme entlang der Membran und der Radius des Kabels (der Faser) eingehen. Die Ableitungen sind partielle Ableitungen nach der Zeit (1. Ordnung) und nach dem Ort (2. Ordnung).
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