Lexikon der Neurowissenschaft: Mikrotubuli
Mikrotubuli [von griech. mikros = klein, latein. tubuli = kleine Röhren], Cytotubuli,Emicrotubules, in Eukaryotenzellen allgegenwärtige Filamente aus Tubulin, die am Aufbau des Zellskeletts, von Geißeln und Cilien und bei der Ausbildung der Spindelapparate bei der Zellteilung (Cytokinese) beteiligt sind. Mikrotubuli sind röhrenförmige Strukturen mit einem Gesamt-Durchmesser von 25 nm (Durchmesser innen: 15 nm; siehe Abb. ). Als allgemeine Konstituenten der Eucyten wurden sie im Elektronenmikroskop erst mit Einführung der Glutaraldehydfixierung erkannt (1963), nachdem sie als wichtigste axonemale Komponenten der Geißeln und Cilien schon lange entdeckt waren. Ein einzelner Mikrotubulus besteht aus 13 Protofilamenten, die zusammen die Röhrenstruktur bilden. Die aus Tubulin-Untereinheiten aufgebauten Protofilamente sind etwas gegeneinander versetzt (Steigungswinkel etwa 10°), so daß eine leicht linksgewundene Helix resultiert. Die eigentlichen Bauelemente der Mikrotubuli sind Dimere, die aus je einem α- und β-Tubulin zusammengesetzt sind. Jede der Untereinheiten besitzt einen Durchmesser von etwa 5 nm, die relative Molekülmasse beträgt je 50000. Höhere Vertebraten haben je 6 verschiedene α-Tubulin- und β-Tubulin-Gene, die in verschiedenen Geweben und entwicklungsbedingt zu verschiedenen Anteilen transkribiert werden. Bis jetzt konnte keine Spezifität in der Heterodimer-Bildung von α-Tubulin mit β-Tubulin nachgewiesen werden. Die αβ-Dimere besitzen zwei Bindungsstellen für GTP; bei der Polymerisation wird eines der beiden GTP hydrolysiert. α-Tubuline haben an ihrem Carboxy-Terminus ein Tyrosin, das durch Enzyme zyklisch entfernt und wieder angebaut werden kann, wobei die dahinterliegende Glutaminsäure freigelegt bzw. verdeckt wird. Außerdem kann das Lysin in Position 40 der α-Tubulin-Polypeptidkette in der ε-Position acetyliert werden. Sowohl α- wie auch β-Tubulin können außerdem phosphoryliert sein. – Der Aufbau der Mikrotubuli aus Heterodimeren macht verständlich, daß diese Filamente eine strukturelle und kinetische Polarität aufweisen. Das heißt, daß die Rate der Polymerisation von Monomeren an den beiden Enden eines Mikrotubulus unterschiedlich ist; am sogenannten Plus-Ende überwiegt sie die ebenfalls stattfindende Depolymerisation. Posttranslationelle Modifikationen wie die De-Tyrosinierung und Acetylierung des α-Tubulins sind mit einer erhöhten Stabilität der Mikrotubuli aufgrund verringerter Wahrscheinlichkeit der Initiation der Depolymerisation verbunden. Außerdem wurde eine Reihe von Proteinen aufgrund ihrer Bindung an Mikrotubuli charakterisiert (sogenannte MAPs, Mikrotubuli-assoziierte Proteine), die eine stabilisierende und versteifende Funktion aufweisen. – Der nicht-polymerisierende Minus-Pol von Mikrotubuli steht oft mit Organisationszentren (MTOC = E microtubule organizing center) in Verbindung. Das Centrosom ist der wichtigste Nucleationsort in tierischen Zellen. Es befindet sich in der Nähe des Kerns und ist meistens assoziiert mit dem Golgi-Apparat. Nach neueren Erkenntnissen wird die Nucleation von Mikrotubuli im MTOC zum Teil durch ein weiteres Tubulin, das sogenannte γ-Tubulin, gesteuert. γ-Tubulin ist ein hochkonserviertes Protein, das in Eukaryoten ubiquitär vorkommt und mit β-Tubulin interagiert. Es hat eine 28-35prozentige Sequenzhomologie mit α- und β-Tubulin. Es werden immer wieder γ-Tubulin-haltige Kurzfilamente aus dem MTOC abgegeben, an denen dann der Aufbau längerer Mikrotubuli beginnen kann. Da die Mikrotubuli am MTOC mit ihrem Minus-Ende verankert sind, ergibt sich eine Polarität des Mikrotubuli-Netzwerkes in der Zelle, mit den Plus-Enden zur Zell-Peripherie hin. In den Axonen der Nervenzellen wird diese Polarität trotz der Loslösung der Mikrotubuli vom MTOC beibehalten, d.h., die Mikrotubuli haben alle die Plus-Enden in Richtung des Wachstumskegels. Dagegen zeigen die Mikrotubuli in Dendriten aus noch ungeklärten Gründen gemischte, gegenläufige Polarität. axonaler Transport, Colchicin, Dynein, Kinesin, Nocodazol, Taxol, treadmilling, Vinblastin.
Mikrotubuli
schematische Darstellung eines kurzen Abschnitts aus einem Mikrotubulus (Seitenansicht)
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