Lexikon der Neurowissenschaft: Myelitis
Myelitisw [von griech. myelos = Mark], Rückenmarksentzündung, E myelitis, entzündliche Erkrankung (Entzündung) des Rückenmarks, die durch verschiedene Erreger ( siehe Zusatzinfo ), immunologische oder tumorartige Prozesse verursacht wird. Je nach Ursache, Lokalisation und Zeitverlauf werden verschiedene Formen unterschieden. In zeitlichem Zusammenhang mit Infekten und Impfungen kann – vermutlich immunologisch vermittelt – eine postinfektiöse (v.a. nach Infekten des Respirationstrakts, Röteln, Masern, Windpocken) oder postvakzinaleMyelitis (Impfung gegen Pocken, Tollwut, Typhus) auftreten. Häufig ist die Myelitis auch eine Manifestation im Rahmen einer demyelinisierenden Erkrankung (v.a. multiple Sklerose, seltener als Neuromyelitis optica). Über eine Vaskulitis (Gefäßentzündung) verursacht kommt eine Myelitis bei Lupus erythematodes, Panarteriitis nodosa, Morbus Behçet oder im Rahmen der luetischen Vaskulitis (Neurosyphilis) vor. Selten ist eine granulomatöse Myelitis (bei Sarkoidose) und paraneoplastische Myelitis (als nekrotisierende Myelopathie oder Poliomyelitis). – In Hinblick auf ihre Lokalisation unterscheidet man multifokale bzw. disseminierte Leukomyelitis (Myelitis der weißen Substanz, vor allem bei und nach Infektionen) und Poliomyelitis (Myelitis der grauen Substanz, z.B. durch Polioviren; Poliomyelitis epidemica anterior acuta). Die Querschnittsmyelitis(Myelitis transversa) ist segmental lokalisiert. Bei Mitbeteiligung der Nervenwurzeln liegt eine Myeloradikulitis vor. Als aufsteigende Lähmung mit Befall von Hirnnerven und Atemzentrum kann die Myelitis im Sinne einer Landry-Paralyse verlaufen. – Die zeitliche Entwicklung wird in akut (Stunden bis Tage), subakut (Vollbild in 2-6 Wochen) oder chronisch (Vollbild nach 6 Wochen) unterschieden. Das klinische Bild ist abhängig von der Lokalisation; zu Beginn besteht oft ein gürtelförmiger Schmerz im betroffenen Segment, eine Para- oder Tetraparese (teils aufsteigend, zunächst oft schlaff mit erloschenen Reflexen, später spastisch mit Reflexsteigerung), Sensibilitätsstörungen und Störungen der Blasen- und Mastdarmfunktion. In der Cerebrospinalflüssigkeit findet sich meist eine Zunahme der Zellzahl sowie oft eine intrathekale IgG-Synthese und eine Störung der Blut-Hirn-Schranke. Mittels Kernspinresonanztomographie lassen sich meist entzündliche Herde nachweisen.
S.M.
Myelitis
Myelitiserreger:
Häufig sind Viren (besonders Herpes simplex, HTLV-1, HIV, Varicella-Zoster, Coxsackie A und B, Epstein-Barr-Virus, Poliomyelitis-, Rabies- und ECHO-Virus), seltener auch metastatische Streuherde bei Allgemeininfektion mit Bakterien, Pilzen oder Parasiten (Staphylococcus aureus, Streptokokken, Leptospiren, Mycoplasma pneumoniae, Actinomyces, Kryptokokken, Bilharziose) der Verursacher einer Myelitis. Im Rahmen einer Neurosyphilis (Treponema pallidum) treten heute Myelitis-Erscheinungen selten, bei Tuberkulose sehr selten auf.
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