Lexikon der Neurowissenschaft: Nahrungsverhalten
Nahrungsverhalten s, Nahrungserwerb, E feeding behaviour, Verhaltensweisen im Dienste der Ernährung, d.h. der Aufnahme von Nähr- und Ballaststoffen sowie Wasser. Das Nahrungsverhalten unterliegt einer homöostatisch geregelten endogenen Handlungsbereitschaft (Bereitschaft, Motivation), die durch eine Reihe zentralnervöser Regelkreise bestimmt wird. Im Gehirn der Wirbeltiere sind es insbesondere bestimmte hypothalamische Kerngebiete (Nahrungszentrum, Trinkzentrum im Hypothalamus), welche unter dem Einfluß verschiedener Sensoren bei Nahrungsmangel die Handlungsbereitschaft zur Nahrungsaufnahme steigern, was beim Menschen von dem subjektiven Gefühl des Hungers bzw. Dursts begleitet wird. Als relevante Sensoren sind Mechanorezeptoren der inneren Organe (Leerkontraktionen des Magens), Chemorezeptoren in Blutgefäßwänden (z.B. Glukosensoren; detektieren einen Mangel an Kohlenhydraten), innere Thermorezeptoren sowie Liposensoren (zeigen die Fettstoffwechseländerungen an) und für die Trinkbereitschaft entsprechende Osmorezeptoren nachgewiesen. Das ausgelöste Nahrungsverhalten läßt sich in Nahrungssuche, Nahrungsauswahl und Nahrungsaufnahme untergliedern und ist in Abhängigkeit von Entwicklungshöhe, Lebensweise und Artzugehörigkeit äußerst vielgestaltig. Generell beginnt Nahrungssuche mit einer gesteigerten Aktivität, die die Wahrscheinlichkeit des Auffindens von Nahrung vergrößert. Sie kann einzeln oder in Gruppen (z.B. Wölfe, Hyänen) stattfinden. Die Nahrungsauswahl erfolgt nach dem Auffinden und Erkennen der Nahrung, insbesondere durch Geschmackssinn, Geruchssinn und Temperatursinn. Mit Schnabel, Gebiß, Mandibeln, Fangarmen, Klebezungen u.a. wird die Nahrung erfaßt und aufgenommen (Nahrungsaufnahme). Häufig sind bei der Aufnahme von Lebendnahrung Betäubungs- oder auch Tötungsprozeduren vorgeschaltet. Die Nahrungsaufnahme (Endhandlung) ist vielfach mit dem Zerkleinern der Nahrung verbunden, was häufig schon mit den ersten Verdauungsstufen in den vorderen Anteilen der an der Verdauung beteiligten Organsysteme verbunden ist (Kauen, Einspeicheln, Schlucken usw.). Bei Mikroorganismen, Einzellern und auch Parasiten findet man eine Aufnahme der Nährstoffe direkt über die Körperoberfläche (Endocytose), bei vielen Gliederfüßern auch äußere Verdauung (z.B. Spinnen). Obwohl das Nahrungsverhalten genetisch deutlich determiniert ist, müssen viele Tierarten die Art der Nahrung sowie ihre Beschaffung erlernen (z.B. Auffinden, Erfassen und Schlagen der Beute). Durchaus nicht selten findet auch, bedingt durch exogene (wechselndes Nahrungsangebot durch die Jahreszeiten) und endogene Faktoren (z.B. in Wachstumsphasen oder bei Trächtigkeit), ein Wechsel der Hauptbeuteanteile oder gar der Ernährungsform statt (Wechsel zwischen fleisch-, pflanzen- und allesfressend). Appetenz.
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