Lexikon der Neurowissenschaft: Pyramidenbahn
Pyramidenbahn w [von griech. pyramis = Pyramide], corticospinale Projektion, corticospinaler Trakt (Abk. CST), Pyramidenstrang, Pyramidentrakt, Tractus corticospinalis, Tractus pyramidalis, Epyramidal tract, die Bahn der Willkürmotorik; entwicklungsgeschichtlich die jüngste der absteigenden motorischen Nervenbahnen, die bei den Primaten deutlich stärker als bei den übrigen Säugern ausgebildet ist. Sie entspringt im Neocortex und zieht ohne Unterbrechung durch Gehirn und Rückenmark zu ihren dort liegenden Zielneuronen. Das wichtigste Faserkontingent der Pyramidenbahn stammt aus dem primären Motorcortex von den dort liegenden Betz-Zellen, aber auch von vielen kleineren Pyramidenzellen. Weitere ca. 30% der Fasern der Pyramidenbahn entspringen im prämotorischen Cortex. Zusätzlich enthält die Pyramidenbahn zu etwa 30% Fasern aus dem Gyrus postcentralis, d.h. dem somatosensorischen Cortex. Hier spiegelt sich die Situation wider, die bei vielen Tieren besteht: somatosensorischer und motorischer Cortex sind im gleichen Areal vereinigt, im Sinne einer Reflexbahn. Der Motorcortex hat sich erst spät in der Evolution verselbständigt. Die Pyramidenbahn zieht unter Beibehaltung der Somatotopie entsprechend dem Penfield-Schema (Homunculus) zur Capsula interna, durch deren Knie und hinteren Schenkel, und setzt sich fort in den Hirnstiel. Dort nimmt sie die mittlere Position ein, wobei die Fasern für die untere Extremität am weitesten lateral liegen, die Fasern für Hals und Kopf am weitesten medial. Dieser mediale Teil der Pyramidenbahn, der auch einen eigenen Namen trägt (Tractus corticonuclearis, Tractus corticobulbaris), zieht zu den Hirnnervenkernen und verbraucht sich noch innerhalb des Hirnstamms. Die für das Rückenmark bestimmten Faserkontigente (Tractus corticospinalis) ziehen in einzelnen Bündeln durch die Brücke und vereinigen sich an dessen Unterrand zur Pyramide (daher der Name Pyramidenbahn). Jenseits der Pyramidenkreuzung ordnen sich die Fasern neu zum Pyramidenvorderstrang und zum Pyramidenseitenstrang. Die Fasern enden überwiegend an Interneuronen, nur wenige, für die Zielmotorik zuständige Fasern erreichen direkt die Motoneurone. Die Pyramidenbahn wirkt hemmend auf die Reflexmotorik, sie moduliert die automatisierten und stereotypen Bewegungsabläufe, die vom extrapyramidalen System gesteuert werden, so daß gezielte und feinabgestimmte Bewegungen möglich sind.
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