Lexikon der Neurowissenschaft: Retina-Implantat
Retina-Implantat s,Eretina implant, photodiodische und mikroelektronische Vorrichtung, die fehlende Funktionen der Retina (Netzhaut), z.B. nach Netzhautdegenerationen, ersetzen soll. Im Gegensatz zum Cochlea-Implantat befindet sich das Retina-Implantat noch nicht in der klinischen Anwendung; es gibt noch erhebliche technische Schwierigkeiten, die vor einem Einsatz beim Menschen überwunden werden müssen. Ein funktionstüchtiges Retina-Implantat muß vier Aufgaben erfüllen: es muß wenigstens einen Teil der aktuellen visuellen Umgebung des Patienten aufnehmen, es muß diese visuelle Information schnellstmöglich vorverarbeiten, indem es einen Teil der biologischen Funktion der Retina durch mikroelektronische Komponenten nachbildet, es muß die daraus resultierenden Aktivitätsmuster an eine Stimulationsvorrichtung nahe der Retina drahtlos weitergeben, die schließlich ihrerseits die retinalen Ganglienzellen in wirksamer und differenzierter Weise erregen muß. Eine sinnvolle Bildübertragung wird deutlich über 100 separat agierende Kontakte zwischen Stimulator und Ganglienzellen haben müssen, um wenigstens eine grobe Mustererkennung zu ermöglichen. – Bei Retinopathia pigmentosa (ca. 30000 Fälle in Deutschland) und Maculadegeneration (mehrere Hundertausend) ist die Schicht der Photorezeptoren durch Degeneration zerstört, ein großer Teil der retinalen Ganglienzellen mit Verbindung zum zentralen visuellen System ist jedoch noch intakt. Elektrische Mikrostimulation in Ganglienzellnähe durch vorübergehend eingebrachte Mikroelektroden kann beim Menschen Sehwahrnehmungen auslösen: Implantierbare Mikrokontaktstrukturen sind in der tierexperimentellen Erprobung. Die Entwicklung eines Retina-Implantats für den Menschen erfordert Forschungen auf zahlreichen Gebieten, z.B. der Glaskörper- und Retinachirurgie, der Mikrosystemtechnik, der Biomedizintechnik, der Optoelektronik, der Zellbiologie, der Neurophysiologie und der Neuroinformatik.
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