Lexikon der Neurowissenschaft: selektive Aufmerksamkeit
selektive Aufmerksamkeit [von latein. seligere = auswählen], fokussierte Aufmerksamkeit,Eselective attention, die Fähigkeit, die Aufmerksamkeit auf bestimmte Merkmale einer Aufgabe zu fokussieren und Reaktionen auf irrelevante Merkmale zu unterdrücken. Sie wird oft mit Wahlreaktionsaufgaben untersucht und z.T. mit der Orientierungsreaktion gleichgesetzt (Steigerung der Wachheit, sensorische Ausrichtung auf Reizquelle, z.B. Kopf- oder Augendrehung). Eine mehrfache Darbietung des Stimulus führt zu einer Abschwächung der Reaktion und zu Habituation. Die Aufmerksamkeitskapazität kann entweder homogen über das gesamte visuelle Feld verteilt sein oder sich selektiv auf eine räumlich begrenzte Stelle richten. Im ersten Fall werden die im visuellen Feld lokalisierten Reize parallel verarbeitet, im zweiten Fall wird die Verarbeitung bestimmter Reize verstärkt und die anderer gehemmt. Häufige Metaphern für die Funktionsweise des selektiven Aufmerksamkeitsprozesses sind die des Spotlights und des Zoomens: Reize, die im Fokus der Aufmerksamkeit sind, werden schneller entdeckt oder erkannt. Bei der Verlagerung der Aufmerksamkeit werden drei Komponenten unterschieden: 1) Lösung der Aufmerksamkeit vom gegenwärtigen Stimulus (E disengagement), 2) Verschiebung (E movement, shift) des Aufmerksamkeitsfokus, und 3) Fixierung auf ein neues Ziel (E engagement). Bei zwei oder mehr relevanten, simultanen Stimuli, z.B. bei dual task-Aufgaben, ist eine verteilte Aufmerksamkeit erforderlich. Je ähnlicher die Stimuli sind (z.B. das gleichzeitige Verfolgen zweier unterschiedlicher Gespräche), desto eher kommt es zu Interferenzen. – Der Prozeß der selektiven Aufmerksamkeit läuft großteils automatisch und unbewußt ab und basiert u.a. auf einem frontothalamischen gating-System: der Nucleus reticularis thalami öffnet immer nur selektiv jene thalamischen "Tore" für die retikuläre Aktivierung, welche für die Verarbeitung einer bestimmten Information relevant sind. Läsionen führen zu einer eingeschränkten Selektivität für externe Stimuli und zu erhöhter Ablenkbarkeit. Untersuchungen mittels Positronenemissionstomographie haben gezeigt, daß der Schläfenlappen bei der selektiven Aufmerksamkeit eine wichtige Rolle spielt. visuelle Aufmerksamkeit.
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