Lexikon der Neurowissenschaft: Sichelzellenanämie
Sichelzellenanämiew, Sichelzellanämie, Sichelzellenkrankheit, Drepanocytose, Drepanocytenanämie, Herrick-Anämie, Herrick-Syndrom, E sickle cell disease, durch das atypische Sichelzellenhämoglobin verursachte, rezessiv erbliche hämolytische Anämie, die vor allem in den tropischen Regionen Afrikas, aber auch im Mittelmeerraum auftritt ( siehe Zusatzinfo ). Die Sichelzellenanämie äußert sich in Schmerzkrisen in Bauch, Knochen und Gelenken sowie schmerzhaften Anschwellungen von Hand- und Fußgelenken (Schmerz). Eine kausale Therapie ist nicht möglich; während der Krise erfolgt die Therapie der Gelenkschmerzen mit Analgetika, z.B. Acetylsalicylsäure, reichlicher Flüssigkeits- und Sauerstoffzufuhr. Situationen, die eine Sichelzellkrise auslösen, z.B. Aufenthalte in kalter Umgebung oder großer Höhe oder auch körperliche Anstrengung, sollten vermieden werden. – Patienten mit Sichelzellenanämie haben ein erhöhtes Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden. Die Fließgeschwindigkeit des Blutes ist, im Vergleich zu Gesunden, sehr stark erhöht, und bei einer Arterienverengung kommt es zu einer weiteren Zunahme der Fließgeschwindigkeit, die dann Infarkt-auslösend sein kann. Dieses Infarktrisiko kann durch Ultraschalluntersuchungen frühzeitig erkannt und medikamentös behandelt werden. Daneben können die Sichelzellen durch Verstopfen der Kapillaren auch zu Organschäden führen, insbesondere an der Milz, der Netzhaut sowie an Gehirn, Nieren und Knochen. Impotenz sowie eine gehäufte Zahl von Fehlgeburten gehören zu den Begleiterscheinungen der Sichelzellenanämie.
Sichelzellenanämie
Das Sichelzellhämoglobin (HbS) weist eine Strukturanomalie der β-Kette durch Aminosäureaustausch in Position 6 (Val statt Glu) auf. Bei körperlichen Anstrengungen oder Sauerstoffmangel bilden sich die sonst normal geformten Erythrocyten in kurzlebige (Lebensdauer < 42 Tage), sichelförmige Zellen, die Drepanocyten, um. In der Folge kommt es zu einem chronischen Zerfall der Erythrocyten (Hämolyse) und damit verbundener Blutarmut (Anämie). – Heterozygote Merkmalsträger mit einem intakten Hämoglobingen zeigen ein gar nicht oder nur geringgradig ausgeprägtes Krankheitsbild, während bei homozygoten Merkmalsträgern nahezu der gesamte Blutfarbstoff geschädigt ist. Im Verbreitungsgebiet der Malaria tropica haben Träger der Sichelzellenanämie einen Selektionsvorteil, da diese gegen den Malaria-Erreger Plasmodium falciparum besser geschützt sind: HbS hemmt die intraerythrocytäre Entwicklung der Erreger.
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