Lexikon der Neurowissenschaft: theoretische Neurowissenschaft
theoretische Neurowissenschaft,E theoretical neuroscience, Teilbereich der Neurowissenschaft, der sich der mathematischen Behandlung neurobiologischer Vorgänge (Neurobiologie) widmet. Die theoretische Neurowissenschaft beschäftigt sich insbesondere mit folgenden 3 Gebieten: 1) Entwicklung von Methoden zur Untersuchung neurobiologischer Daten. In dieser Datenanalyse werden neben der routinemäßigen statistischen Auswertung experimenteller Daten z.B. auch informationstheoretische Verfahren (Informationstheorie) zur Untersuchung des neuronalen Codes entwickelt. 2) Aufstellung und Analyse mathematischer Modelle neurobiologischer Vorgänge (z.B. mit künstlichen neuronalen Netzen). Die Modellierung umfaßt alle Ebenen des Nervensystems, vom Membranpotential über die Synapse und die einzelne Nervenzelle (z.B. Hodgkin-Huxley-Gleichungen), der Dynamik kleiner und großer Verbände von Nervenzellen (z.B. bei der Erzeugung von Bewegungsmustern in zentralen Mustergeneratoren), bis hin zur Populationsdynamik in großen Teilen des Zentralnervensystems (z.B. im Hirnstamm, dem Kleinhirn, dem Hippocampus, der Großhirnrinde und in der Wechselwirkung dieser Bereiche). Neben der qualitativen und quantitativen Reproduktion experimenteller Beobachtungen dienen mathematische Modelle der Identifikation von grundlegenden Mechanismen. Ein Beispiel hierfür sind die Bedingungen für das Auftreten neuronaler Synchronisation. 3) Mathematische Überprüfung von Hypothesen über die Funktionen neuronaler Strukturen und Vorgänge. Die möglichen Funktionen von räumlichen und zeitlichen Strukturen im Nervensystem werden in der theoretischen Neurowissenschaft meistens durch die mathematische Formulierung einer Fitneß-Funktion untersucht. So läßt sich beispielsweise die Struktur der rezeptiven Felder unter bestimmten Voraussetzungen aus der Maximierung der übertragenen Information erklären.
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