Lexikon der Neurowissenschaft: Transkriptionsfaktoren
Transkriptionsfaktoren [von latein. transcriptio = Umschrift], Etranscription factors, DNA-bindende Proteine, die aktivierend oder hemmend auf die Transkription eines oder mehrerer Gene (Zielgene) einwirken. Transkriptionsfaktoren binden an spezifische DNA-Sequenzen (sog. Konsensus-Sequenzen) in Promotor, Silencer bzw. Enhancer genannten Regionen eines Genes, die in der Regel 5-9 Basen umfassen. Neben den Konsensus-Sequenzen bestimmen auch die benachbarten Sequenzen (E flanking regions) die Bindungsspezifität und Affinität. Gleichzeitig interagieren Transkriptionsfaktoren mit der RNA-Polymerase, die dadurch ihre Transkriptionsaktivität verändert. Durch den Brückenschlag zwischen Promotorregionen und RNA-Polymerase bestimmen Transkriptionsfaktoren, welche Gene wann transkribiert werden. Transkriptionsfaktoren können aber auch die Transkription verhindern, indem sie zwar an die Konsensus-Sequenzen binden, aber nicht die RNA-Polymerase aktivieren oder indem sie durch Assoziierung mit anderen Transkriptionsfaktoren deren Bindung an die DNA einschränken ( siehe Zusatzinfo ). – Von allen Geweben besitzt das Nervensystem die größte Zahl an Transkriptionsfaktoren; man schätzt daß bis zu 10% aller Proteine dort in die Transkription eingreifen. Dies ist eine Voraussetzung für die äußerst differenzierte räumlich-zeitliche Aktivierung von genetischen Programmen in der Entwicklung, bei der Gedächtnisbildung (Langzeitpotenzierung) und bei der vielfältigen morphologisch-funktionalen Anpassung an Erregungsprozesse, einschließlich der passenden Synthese von Neurotransmittern, Rezeptoren, synaptischen und dendritischen Strukturen. Die spezifische Expression und Aktivierung von Transkriptionsfaktoren kann das zeitliche und räumliche Muster von neuronalen Erregungen abbilden und transformiert kurzfristige synaptische oder Rezeptor-vermittelte Informationen in langanhaltende Veränderungen durch de novo Proteinsynthese (Plastizität im Nervensystem). Zu den am besten untersuchten Transkriptionsfaktoren im Nervensystem gehören die Mitglieder der CREB-, Fos- und Jun-Familien. Durch den Nachweis der schnellen Expression von c-Fos und c-Jun konnten zum ersten Mal diejenigen Nervenzellen sichtbar gemacht werden, die nach Stimulation von komplexen neuronalen Schaltkreisen oder nach Verletzungen (Regeneration) mit einer Änderung der Genexpression reagieren.
Transkriptionsfaktoren
Transkriptionsfaktoren werden nach ihrer Struktur klassifiziert (Zink-Finger-Proteine, Helix-loop-helix Proteine, Leucin-Zipper Proteine) und nach ihren DNA-Konsensus-Sequenzen spezifiziert (AP-1, CRE [CREB] oder POU-Proteine). Induzierbare Transkriptionsfaktoren müssen nach einem spezifischen Stimulus erst transkribiert und synthetisiert werden; ihre eigene Transkription wird von konstitutiv exprimierten, d.h. stets vorhandenen, Transkriptionsfaktoren reguliert. Für die DNA-Bindung und Aktivierung der RNA-Polymerase müssen Transkriptionsfaktoren post-translational mittels Phosphorylierung und Dephosphorylierung modifiziert werden. Nach zellulärer Stimulation werden im Rahmen der Signal-Transkriptions-Kopplung spezifische Kinasen wie ERK oder JNK sowie Phosphatasen wie MKP stimuliert, die konstitutive Transkriptionsfaktoren wie CREB im Zellkern oder NFκB im Cytoplasma aktivieren. Diese initiieren dann die Transkription ihrer Zielgene einschließlich der Gene für induzierbare Transkriptionsfaktoren wie Fos- oder Jun-Proteine. Die induzierbaren Transkriptionsfaktoren werden dann im Zellkern ihrerseits durch spezifische Enzyme post-translational modifiziert und können das Transkriptionsgeschehen verstärken, abschwächen oder weitere neue Zielgene ansteuern.
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