Lexikon der Neurowissenschaft: Vestibularrezeptoren
Vestibularrezeptoren [von latein. vestibulum = Vorhof, receptor = Empfänger],Evestibular receptors, die Rezeptoren des Gleichgewichtsorgans, welche sich im Labyrinth befinden ( siehe Tab. ). Das mit Endolymphe gefüllte häutige Labyrinth ist von einem Epithel ausgekleidet, zu dem auch die Sinnesepithelfelder – bestehend aus Sinneszellen und Stützzellen – von Utriculus, Sacculus und Bogengängen (Bogengangorgan) gehören. Die Sinnesepithelfelder im Bereich des Vestibulums sind fleckförmig (Macula statica) und registrieren Linearbeschleunigungen. Die in den Ampullen der Bogengänge befindlichen Cristae ampullares sind leistenartig vorgewölbt und registrieren Winkelbeschleunigungen. Obwohl sich die Maculae staticae und die Cristae ampullares äußerlich unterscheiden, ist ihr Aufbau prinzipiell gleich. Fortsätze der Sinneszellen (hauptsächlich orgelpfeifenartig angeordnete Stereocilien, auch als Stereovilli bezeichnet, mitunter 1 zusätzliches Kinocilium, z.B. beim Menschen) ragen in eine gallertige Masse hinein, die bei den Maculae als Statoconienmembran und bei den Cristae ampullares als konisch geformte Cupula ausgebildet ist. Der Reiz entsteht durch Zug an den Sinneshärchen. Die Statoconienmembran hat aufgrund der eingelagerten "Steinchen" (Calciumcarbonat-Kristalle) ein höheres spezifisches Gewicht als die Endolymphe und wird deswegen bei Linearbeschleunigungen ausgelenkt. Die Cupula hat das gleiche spezifische Gewicht wie die Endolymphe. Hier kommt die Erregung durch Winkelbeschleunigungen zustande, wenn die Endolymphe aufgrund ihrer Trägheit gegenüber der Bewegung der Wandung des Bogenganges zurückbleibt. Dadurch wird bei Beginn und Ende einer Drehbewegung die Cupula verbogen. Durch Auslenkung der Sinneshärchen wird die Erregung ausgelöst. Calciumeinstrom in die Rezeptorzelle bewirkt eine erhöhte Transmitterfreisetzung. Die Weiterleitung der Erregungen aus den fleck- und leistenartigen Sinnesepithelfeldern des Gleichgewichtsorgans nach zentral erfolgt durch den Vestibularis, der ein Teil des Vestibulocochlearis, des VIII. Hirnnerven, ist. – Bei Vögeln und Säugern haben sich phylogenetisch zwei Typen von Haarzellen mit unterschiedlicher Anordnung auf den Rezeptorfeldern ausgebildet. Typ 1 dient der Codierung schneller, Typ 2 langsamer Labyrinthbewegungen.
Vestibularrezeptoren
Sinneszellen im Gleichgewichtsorgan und zum Vergleich im Hörorgan des Menschen
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Vorkommen | Utriculus bzw. Sacculus | Ampullen der Bogengänge | Ductus cochlearis | |
Sinneszellen | Haarzellen aus 1 Kinocilie und vielen orgelpfeifenartig angeordneten Stereocilien Typ I-Zellen (flaschenförmig) Typ II-Zellen (zylindrisch) | Haarzellen aus 1 Kinocilie und vielen orgelpfeifenartig angeordneten Stereocilien | kein Kinocilium 1 Reihe innerer Haarzellen, 3 Reihen äußerer Haarzellen, auf letzteren sind die Stereocilien V- oder W-förmig angeordnet | |
Stützzellen | keine Besonderheiten | keine Besonderheiten | innere/äußere Phalangenzellen, innere/äußere Pfeilerzellen, Hensen-Zellen, Claudius-Zellen | |
gallertige Masse | Statoconienmembran; höheres spezifisches Gewicht als Endolymphe | Cupula; spezifisches Gewicht gleich dem der Endolymphe | Membrana tectoria | |
Reiz | Linearbeschleunigung | Winkelbeschleunigung | Schalldruck |
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