Lexikon der Optik: Brillenglasbestimmung
Brillenglasbestimmung, Bezeichnung für die Prüfung der Augen auf Fehlsichtigkeiten und Augenstellungsfehler zum Zweck einer optischen Korrektion. Zur vollständigen B. gehören im einzelnen:
a) Anamnese: Befragung nach Personalien, Tätigkeit, Sehanforderungen, Beleuchtungsbedingungen bei der Arbeit, Sehstörungen und Sehbeschwerden, augenrelevanten Erkrankungen und Medikamentengebrauch. Auch die Befragung nach Augenerkrankungen in der Familie (Familienanamnese) ist wichtig, um genetische Zusammenhänge, z.B. bei Kurzsichtigkeit, zu erfassen.
Inspektion des Auges: Erkennen von Abweichungen vom physiologischen Normalzustand mit Hilfe von Ophthalmoskop und Spaltlampe. Liegen krankhafte Veränderungen vor, muß eine augenärztliche Behandlung eingeleitet werden.
b) Objektive B. (Refraktionsbestimmung): Monokulare Messung der Fehlsichtigkeit mit Hilfe der Skiaskopie oder der Refraktometrie, um schnell und ohne Ermüdung sowie möglichst auch ohne Blendung des Patienten zu relativ sicheren Ausgangswerten zu kommen.
c) Subjektive B.: Monokularer Abgleich und Feinabgleich der objektiv ermittelten Refraktionswerte mit Hilfe von Refraktionsprüflinsen oder Phoroptern und Sehzeichen (Optotypen). Dabei werden durch systematischen Prüflinsenwechsel und zweckmäßige Befragung nach den subjektiv erkannten Sehzeichen sowie deren subjektiver Wahrnehmungsqualität diejenigen Refraktionswerte ermittelt, die die höchste Sehschärfe ermöglichen.
d) Binokulare B. (Binokularprüfung): Prüfung des Sehgleichgewichts, des Refraktionsgleichgewichts, der Fusion und der Fusionsreserven sowie des stereoskopischen Sehens unter den Bedingungen der Bildtrennung (am effektivsten mit dem Polatest).
e) Nah-B.: Sie umfaßt die Messung der Fähigkeit zur Akkommodation, die monokulare und binokulare Bestimmung des Nahzusatzes, der Nahsehschärfe und des Akkommodationsgleichgewichts.
Bei modernen datenaktiven Refraktionsprüfgeräten sowie bei automatischen Refraktometern (Augenrefraktometer) findet eine Kopplung von objektiver und subjektiver Refraktionsbestimmung statt.
Im Normalfall ist das Ergebnis der B. auch die Verordnung. Unter Berücksichtigung psychischer oder konstitutioneller Faktoren (z.B. Unterkorrektion zur Eingewöhnung oder Beeinflussung des Verlaufs einer Myopie) oder aus therapeutischen Erwägungen (z.B. bei der Schielkorrektion) können die Ergebnisse auch abgewandelt werden und die verordneten Werte anders lauten.
Die analytische B. oder graphische Analyse nach Hofstetter ist ein amerikanisches Verfahren zur Binokularprüfung, bei dem die Bildtrennung mit Hilfe des Dissoziationsprismas nach von Graefe erfolgt und Messungen der relativen Akkommodations- und Vergenzbreiten sowie der entsprechenden Reserven durchgeführt und die Ergebnisse in ein Diagramm eingetragen werden. Zur Korrektion werden die Regeln nach Sherd und Percival (prismatische Teilkorrektion) angewendet. Die analytische B. ist Bestandteil des Optometric Extension Program (OEP), eines standardisierten Arbeitsprogramms der Optometrie in den USA. Nach der Verbreitung von Binokularprüfmethoden, die auf dem Polarisationsprinzip beruhen (Polatest), sowie durch Erkenntnisgewinn zur Problematik der Fixationsdisparation hat die analytische B. in Europa an Bedeutung verloren.
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