Lexikon der Optik: Dämmerungserscheinungen
Dämmerungserscheinungen, die während der Zeit der Dämmerung auftretende Folge optischer Erscheinungen, deren Verlauf eng mit dem Sonnenstand zusammenhängt. Von besonderer Pracht können die farbigen D. sein, für die unter anderem eine gewisse atmosphärische Trübung erforderlich ist. Daher sind in den Polargebieten, in denen die Luft sehr rein ist, die D. nicht besonders gut ausgebildet; in den Tropen hingegen, bei sehr hoher Luftfeuchtigkeit, sind außergewöhnlich farbige D. zu beobachten. In den gemäßigten Breiten ist die Abenddämmerung in der Regel farbenprächtiger als die Morgendämmerung, da die Atmosphäre im allgemeinen abends einen höheren Dunstgehalt als morgens aufweist. Besonders auffallende D. treten im Zusammenhang mit großen Vulkanausbrüchen auf, wenn sich in hohen Luftschichten Trübungsschichten aus Staubteilchen bestimmter Größenklassen ausbilden. Voraussetzung für eine ungestörte Beobachtung der D. ist ein wolkenloser, mondfreier Himmel an einem Beobachtungsort, der sich weit entfernt von beleuchteten Ansiedlungen befindet. Der Ablauf der D. am Abend kann unter idealen Bedingungen folgendermaßen beschrieben werden: In der Umgebung der sich dem Horizont nähernden Sonne bilden sich horizontale Streifen aus, deren Farbverlauf, von unten nach oben, weiß, gelb, grünlich ist. Nachdem die Sonne untergegangen ist, werden die Streifen breiter und länglicher, und die Farben gehen in Orange und Rot über. Diese Erscheinung wird Abendrot genannt. Bei besonders sauberer Atmosphäre, etwa über See, kann in seltenen Fällen, unmittelbar nachdem die Sonne unter dem Horizont verschwunden ist, für kurze Augenblicke ein grünes oder blaugrünes Aufleuchten, der grüne Strahl beobachtet werden. Dieses Phänomen wird erklärt mit dem Auftreten sich überlagernder unterschiedlich großer, farbiger Sonnenbilder, bedingt durch die atmosphärische Refraktion, wobei das rote Sonnenlicht zuerst verschwindet und die starke atmosphärische Extinktion für blaues Licht die Beobachtung des grünen Lichtes im Moment des Sonnenunterganges begünstigt. Mit zunehmender Dämmerung steigt am Gegenhorizont der Erdschatten empor. Bei etwa 4 Grad Sonnentiefe entsteht, etwa 15 bis 25 Grad über dem Sonnenhorizont, das farbenprächtige Purpurlicht. Im schneebedeckten Hochgebirge werden die Berggipfel von den roten Strahlen der untergehenden Sonne und danach vom Widerschein des Purpurlichtes eindrucksvoll beleuchtet (Alpenglühen). Das Purpurlicht wird durch die Farbwirkung von blauer Himmelsfärbung bzw. von sekundär gestreutem blauen Sonnenlicht und dem roten Streulicht aus den unteren, dunstgetrübten Schichten erklärt. Nach dem Verblassen der farbigen Streifen und des Purpurlichtes ist die farbarme Dämmerung zu beobachten, die sich in einigen Fällen durch das Auftreten eines Nachpurpurlichtes auszeichnet.
Von Raumschiffen aus beobachtet, sind die D. am Erdhorizont unter anderem durch blaue Lichtsäume gekennzeichnet.
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