Direkt zum Inhalt

Lexikon der Optik: Farbstoffdiffusions-Verfahren

Farbstoffdiffusions-Verfahren, Verfahren zur Erzeugung von Color-Aufsichtsbildern in der Sofortbildphotographie. Während in herkömmlichen photographischen Materialien (Farbentwicklung) das endgültige Bild jeweils in der Schicht entsteht, die ursprünglich die lichtempfindliche Silberhalogenid-Gelatine-Emulsion enthielt, entsteht bei allen F. gleichermaßen das fertige Bild in einer speziellen Bildempfangsschicht, indem Bildfarbstoffe in diese Empfangsschicht, belichtungsabhängig gesteuert in Art und Menge, diffundieren.

Die einzelnen F. unterscheiden sich vor allem in der (Farbstoff-)Chemie und bei den verwendeten Silberhalogenid-Emulsionen. Gewöhnlich werden blau-, grün- und rotempfindliche AgX-Emulsionen eingesetzt, denen jeweils benachbart Schichten mit organischen Verbindungen P, die gelbe, purpurne bzw. blaugrüne Farbstoffstrukturen enthalten, zugeordnet sind. Bei der photographischen Entwicklung der exponierten AgX-Emulsionen entsteht an den entwicklungsfähigen AgX-Kristallen eine bildmäßige Verteilung von metallischem Silber und Entwickleroxidationsprodukt Eox. Eox reagiert mit P, vermittelt durch eine leicht diffusionsfähige Substanz (Hilfsentwickler), im Sinne einer Redoxreaktion unter Oxidation zu Pox.

Beispielsweise werden für P Strukturen des Typs



verwendet (Entwicklerfarbstoffe, engl. dye developer), wobei F eine gelbe, purpurne bzw. blaugrüne Metallkomplex-Farbstoff-Struktur und R Alkyl oder H bedeuten. Der Substanz Pox entspricht das substituierte p-Benzochinon. Während unveränderte Verbindungen P unter Prozeßbedingungen (stark basisches Milieu) diffusionsfähig sind und in die Bildempfangsschicht wandern können, kann Pox kaum diffundieren.

In einer anderen Ausführungsform werden im Unterschied zu den Polaroid-Varianten Direktumkehremulsionen eingesetzt; AgX-Körner dieser Art verlieren durch Belichtung ihre Entwickelbarkeit, unbelichtete Körner dagegen reagieren mit Entwicklung. Wiederum wird den einzelnen Emulsionsschichten jeweils eine Schicht mit diffusionsfesten Verbindungen (P') mit Farbstoff-Strukturelementen F' zugeordnet. P' dient als farbstoffabspaltender Precursor (engl. dye releaser), F' kann durch Azofarbstoff-Strukturen realisiert werden. F' diffundiert in die Bildempfangsschicht und wird dort festgelegt.

Bei beiden beschriebenen Varianten wird der Verarbeitungsprozeß dadurch ausgelöst, daß nach der Belichtung der Schichtverband mit einer Verarbeitungsflüssigkeit getränkt wird, die nach Zerquetschen eines beutelartigen Vorratsgefäßes mittels zweier Walzen dosiert und gleichmäßig über die Filmfläche verteilt wird.

F. liefern binnen ein bis drei Minuten nach Belichtung fertige, stabile Coloraufsichtsbilder. Das Material wird in Form von Filmpacks aus (meist zehn) Einzelblättern konfektioniert. Es werden relativ hochempfindliche Emulsionen verwendet. Mit 20 bis 27 DIN und darüber sind Colorsofortbild-Materialien, die nach dem Farbstoffdiffusions-Prinzip arbeiten, in der Empfindlichkeit vergleichbar mit konventionellen Colornegativ- bzw. Colorumkehrmaterialien. Allerdings ist das Auflösungsvermögen von Sofortbildmaterial infolge des die Modulationsübertragung verschlechternden Einflusses der Diffusionsprozesse geringer als bei klassischen Materialien. Ein Colorsofortbild ist teurer als ein gewöhnliches Colorpapierbild oder ein Colordia.

Colorsofortbild-Materialien anzuwenden erfordert spezielle Kameras. Moderne Sofortbildkameras sind mit Belichtungsautomatik und Blitztechnik sowie mit automatischer Scharfeinstellung ausgerüstet.

Haupteinsatzgebiete sind die Amateurphotographie, z.B. Verwendung als Zweitkamera, und Teilbereiche der professionellen Photographie. Mit Zusatzgeräten kann die Sofortbildtechnik zweckmäßig für Nah- und Mikroaufnahmen, zur Dokumentation der verschiedensten Bildschirminformationen, zur Dokumentation von Röntgenaufnahmen, für die Porträtphotographie und die Anfertigung von Ausweisen mit Farbphoto des Inhabers u.a. genutzt werden. Häufig wird die Sofortbildphotographie neben anderen photographischen Systemen zu Kontrollzwecken eingesetzt.

  • Die Autoren
Roland Barth, Jena
Dr. Artur Bärwolff, Berlin
Dr. Lothar Bauch, Frankfurt / Oder
Hans G. Beck, Jena
Joachim Bergner, Jena
Dr. Andreas Berke, Köln
Dr. Hermann Besen, Jena
Prof. Dr. Jürgen Beuthan, Berlin
Dr. Andreas Bode, Planegg
Prof. Dr. Joachim Bohm, Berlin
Prof. Dr. Witlof Brunner, Zeuthen
Dr. Eberhard Dietzsch, Jena
Kurt Enz, Berlin
Prof. Joachim Epperlein, Wilkau-Haßlau
Prof. Dr. Heinz Falk, Kleve
Dr. Wieland Feist, Jena
Dr. Peter Fichtner, Jena
Dr. Ficker, Karlsfeld
Dr. Peter Glas, Berlin
Dr. Hartmut Gunkel, Berlin
Dr. Reiner Güther, Berlin
Dr. Volker Guyenot, Jena
Dr. Hacker, Jena
Dipl.-Phys. Jürgen Heise, Jena
Dr. Erwin Hoffmann, Berlin (Adlershof)
Dr. Kuno Hoffmann, Berlin
Prof. Dr. Christian Hofmann, Jena
Wolfgang Högner, Tautenburg
Dipl.-Ing. Richard Hummel, Radebeul
Dr. Hans-Jürgen Jüpner, Berlin
Prof. Dr. W. Karthe, Jena
Dr. Siegfried Kessler, Jena
Dr. Horst König, Berlin
Prof. Dr. Sigurd Kusch, Berlin
Dr. Heiner Lammert, Mahlau
Dr. Albrecht Lau, Berlin
Dr. Kurt Lenz, Berlin
Dr. Christoph Ludwig, Hermsdorf (Thüringen)
Rolf Märtin, Jena
Ulrich Maxam, Rostock
Olaf Minet, Berlin
Dr. Robert Müller, Berlin
Prof. Dr. Gerhard Müller, Berlin
Günter Osten, Jena
Prof. Dr. Harry Paul, Zeuthen
Prof. Dr. Wolfgang Radloff, Berlin
Prof Dr. Karl Regensburger, Dresden
Dr. Werner Reichel, Jena
Rolf Riekher, Berlin
Dr. Horst Riesenberg, Jena
Dr. Rolf Röseler, Berlin
Günther Schmuhl, Rathenow
Dr. Günter Schulz, Berlin
Prof. Dr. Johannes Schwider, Erlangen
Dr. Reiner Spolaczyk, Hamburg
Prof. Dr. Peter Süptitz, Berlin
Dr. Johannes Tilch, Berlin (Adlershof)
Dr. Joachim Tilgner, Berlin
Dr. Joachim Träger, Berlin (Waldesruh)
Dr. Bernd Weidner, Berlin
Ernst Werner, Jena
Prof. Dr. Ludwig Wieczorek, Berlin
Wolfgang Wilhelmi, Berlin
Olaf Ziemann, Berlin


Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.