Lexikon der Optik: Himmelsstrahlung
Himmelsstrahlung, im weiteren Sinne die auf die Erdoberfläche fallende Partikel- und elektromagnetische Strahlung, die von der Erdatmosphäre beeinflußt oder erzeugt wird. zur H. gehören die von der Erdatmosphäre ausgelöste Sekundärstrahlung der kosmischen Partikelstrahlung (Hyperonen, Pionen, Müonen), das an den Luftmolekülen und an größeren Teilchen gestreute Sonnen-, Mond- und Sternenlicht, die infrarote Gegenstrahlung, welche von absorbierenden atmosphärischen Gasen und Dämpfen ausgesandt wird, und mehrfach reflektierte Strahlung, etwa vom Erdboden oder von Wolken. Im engeren Sinne wird unter H. deren sichtbarer bzw. im Wellenlängengebiet von etwa 0,3 bis 1,4 μm liegender Anteil, ohne die direkte Sonnenstrahlung, verstanden. Die spektralen Grenzen werden durch die Ozonabsorption im UV und durch die Wasserdampfabsorption im IR bestimmt. Am Tage und in der Dämmerung besteht die kurzwellige H. fast ausschließlich aus gestreutem bzw. vielfach reflektiertem Sonnenlicht. Sie enthält deshalb in ihrem Spektrum alle solaren und terrestrischen Absorptionslinien, jedoch ist ihre spektrale Gesamtverteilung an dunstarmen Tagen gegenüber der Spektralverteilung des Sonnenlichtes nach kürzeren Wellenlängen hin verschoben. Eine Erklärung für diese Blauverschiebung liefert die Theorie der Lichtstreuung an kleinen Teilchen bzw. an Dichteschwankungen der Teilchen (Rayleigh-Streuung). Für absorptionsfreie, kugelförmige Streuzentren mit Durchmessern, die sehr viel kleiner sind als die Wellenlänge, ist nach Lord Rayleigh die Streuintensität umgekehrt proportional zur 4. Potenz der Wellenlänge. Das bedeutet, daß z.B. rotes Licht zehnmal geringer gestreut wird als blaues. Die Lichtstreuung an großen Teilchen kann nach der Theorie der Mie-Streuung berechnet werden. In diesem Falle ist die Wellenlängenabhängigkeit, z.B. bei Nebel, weitaus geringer. Die H. ist ein Gemisch von linear und nicht polarisiertem Licht. Im Sonnenvertikal, ungefähr 90° von der Sonne entfernt, erreichen Polarisationsgrad und Farbsättigung Maximalwerte, die Intensität das Minimum. Im Sonnenvertikal etwa 15° über und unter der Sonne sowie etwa 20° über dem Sonnengegenpunkt liegen neutrale Stellen der Himmelslichtpolarisation, die nach A. Babinet, D. Brewster und D.F. Arago benannt sind. Ein Beispiel für die spektralen Verteilungen des Himmelslichtes unter fast idealen Bedingungen für Rayleigh-Streuung zeigt die Abbildung. Im Hochgebirge sind die ultravioletten Spektralgebiete der H. stark angehoben, wohingegen die Messungen in der Tiefebene in der Nähe von Großstädten und Industriegebieten, besonders für Meßpunkte in Horizontnähe, spektrale Verteilungen liefern, die denen der Sonnenstrahlung ähnlich sind, mit einer Anhebung der Streustrahlung im nahen IR.
Himmelsstrahlung: Spektrale Intensitätsverteilung Iλ des Zenithimmelslichtes, aufgenommen in Musallah (2925 m), Bulgarien; Sonnenhöhe 26,5° (Iλ in relativen Einheiten).
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