Lexikon der Optik: integrierte Optik
integrierte Optik, ein Teilgebiet der Optoelektronik, das – als Gegenstück zur integrierten Elektronik – die Entwicklung und Fertigung von integrierten optischen Bauelementen zum Gegenstand hat. Diese Systeme, bestehend aus miniaturisierten passiven und aktiven optischen Komponenten, dienen zur Kontrolle und Verarbeitung optischer Signale.
Die i. O. erlangte praktische Bedeutung, nachdem optische Fasern mit geringen Verlusten sowie zuverlässig arbeitende Halbleiterlaser für eine optische Nachrichtenübertragung zur Verfügung standen. Ihre Anwendung in der Praxis wurde nicht zuletzt dadurch gefördert, daß die für die Zwecke der Mikroelektronik entwickelten Technologien wie Epitaxie, Photo- und Elektronenstrahllithographie, Ionenimplantation und Diffusionsverfahren auch zur Fertigung integrierter optischer Bauelemente genutzt werden können.
Entwickelt wurden sowohl monolithische Systeme, bei denen ein einziges Substratmaterial verwendet wird, als auch hybride Systeme, bei denen verschiedene Substratmaterialien miteinander verbunden sind. Öfters hat es sich als vorteilhaft erwiesen, zusätzlich zu den optischen Komponenten auch elektronische (z.B. für Kontrollfunktionen) zu integrieren.
In den Bauelementen der i. O. erfolgt die Lichtausbreitung in ebenen Wellenleitern. Es handelt sich dabei um ebene Schichten oder Streifen von einer mit der Wellenlänge des Lichtes vergleichbaren Dicke, die sich zwischen einem Substrat und einer Deckschicht befinden. (Häufig besteht die Deckschicht einfach aus Luft.) Der Wellenleitungsmechanismus beruht auf der Totalreflexion des Lichtes. Daher muß die wellenleitende Mittelschicht eine größere Brechzahl besitzen als die beiden angrenzenden Medien. Auch wenn Wellenleitung vorliegt, ist die Energie der Welle nicht vollständig in der Mittelschicht konzentriert, vielmehr dringt das Feld noch ein Stück in die angrenzenden Medien ein. Die Randbedingungen für das Feld haben zur Folge, daß sich in einem Wellenleiter – ähnlich wie in einem optischen Resonator – nur ganz bestimmte Wellenformen (Moden) ausbilden können, die sich in ihrer Ausbreitungskonstante, Polarisation und räumlichen Feldverteilung über den Querschnitt des Wellenleiters unterscheiden. Im Gegensatz zu den Eigenschwingungen eines Resonators ist jedoch die Frequenz nicht festgelegt. Ebene Wellenleiter werden durch Abscheidungsprozesse (Abscheidung aus Lösungen, Sputtern), Dotierungsvorgänge (Diffusion, Ionenaustausch und -implantation), Reduktion der Konzentration freier Ladungsträger, Epitaxieverfahren sowie Ausnutzung des linearen elektrooptischen Effektes hergestellt. Im letzteren Falle wird in einem Halbleitersubstrat durch Anlegen eines elektrischen Feldes eine ladungsträgerarme Schicht mit vergrößertem Brechungsindex erzeugt, die als Wellenleiter fungiert. Aus den auf das Substrat aufgebrachten Schichten lassen sich dann mit den Methoden der Photolithographie Streifenwellenleiter herstellen. Letztere können auch direkt durch Diffusion oder Ionenimplantation unter Verwendung geeigneter Masken gefertigt werden.
1) Einfache optische Elemente
a) Passive Elemente. Die Einkopplung des Lichtes in einen ebenen Wellenleiter kann über ein Prisma, einen sich verjüngenden Wellenleiter (Taper-Koppler) oder ein aufgebrachtes Gitter erfolgen (Abb. 1). In analoger Weise kann auch die Auskopplung aus dem Wellenleiter vorgenommen werden. Zur Einkopplung aus einem Halbleiterlaser genügt es, den Wellenleiter in mechanische Berührung mit der lichtemittierenden Schicht des Lasers zu bringen. Da die Ausbreitungskonstante einer Mode empfindlich von der Dicke der wellenleitenden Schicht abhängt, lassen sich optische Elemente wie Linsen oder Prismen durch geeignete Variation der Schichtdicke realisieren.
Durch das erwähnte Eindringen des Feldes in die die wellenleitende Schicht begrenzenden Medien ist eine einfache Möglichkeit gegeben, die Strahlungsenergie aus einem (streifenförmigen) Wellenleiter in einen anderen einzukoppeln. Man läßt zu diesem Zwecke den zweiten Wellenleiter in geringem Abstand d eine gewisse Strecke L parallel zum ersten laufen (Richtkoppler). Durch geeignete Wahl von L läßt sich erreichen, daß die gesamte Energie, oder auch nur die Hälfte, aus dem ersten Wellenleiter in den zweiten übertritt. Im zweiten Falle erhält man einen Strahlteiler (3dB-Koppler).
b) Aktive Elemente. Dazu rechnen zunächst die Lichtquellen in Gestalt von Halbleiterlasern. Unter Ausnutzung des linearen elektrooptischen Effektes (Pockels-Effekt) lassen sich sowohl Phasenmodulatoren als auch optische Schalter und Intensitätsmodulatoren herstellen. Eine Phasenmodulation läßt sich durch Anlegen einer elektrischen Spannung (über geeignet angeordnete metallische Elektroden) an den Wellenleiter – parallel oder senkrecht zur Substratoberfläche – bewirken. Die aufgrund des Pockels-Effektes auftretenden Änderungen der effektiven Brechzahl des Wellenleiters verursachen dabei eine Phasenverschiebung des geleiteten Lichtes.
Als Schalter und Intensitätsmodulatoren eignen sich die bereits erwähnten Richtkoppler, wenn man an sie ebenfalls eine elektrische Spannung anlegt. Letztere erzeugt eine geringe Brechzahldifferenz zwischen den beiden Wellenleitern und damit einen Unterschied der Ausbreitungskonstanten. Erstaunlich niedrige Spannungen (von der Größenordnung 10 V) reichen dann bereits aus, um den Anteil der in den zweiten Wellenleiter eingekoppelten Energie von anfänglich 100 auf 0% abfallen zu lassen. Legt man eine Wechselspannung an, so erhält man einen Intensitätsmodulator.
Eine andere Klasse von Schaltern bzw. Modulatoren ist nach dem Prinzip des Mach-Zehnder-Interferometers aufgebaut (Abb. 2a). Ein solches Bauelement besitzt zwei Eingänge und zwei Ausgänge. In einen der Eingänge eintretendes Licht wird durch einen 3dB-Koppler in zwei Teilwellen aufgespalten, die jeweils einen der (als Wellenleiter ausgebildeten) Interferometerarme durchlaufen. Letztere sind so weit voneinander entfernt, daß zwischen ihnen keinerlei Kopplung besteht. Durch Anlegen einer elektrischen Spannung wird – über eine Änderung des Brechungsindexes – ein Gangunterschied Δs zwischen den beiden Teilwellen erzeugt. Durch einen zweiten 3dB-Koppler werden die Teilwellen wieder vereinigt. Die Aufteilung der Strahlungsenergie auf die beiden Ausgänge hängt dann von Δs ab. Bei ausgezeichneten Werten von Δs, und damit der Spannung, tritt die gesamte Strahlungsenergie aus genau einem der beiden Ausgänge aus. Eine zweite Form des Mach-Zehnder-Interferometers ist das Y-Zweig-Interferometer. Es unterscheidet sich von dem eben geschilderten Interferometertyp dadurch, daß es nur einen Eingang und einen Ausgang besitzt. Die Aufspaltung der einlaufenden Welle in zwei Teilwellen sowie deren spätere Wiedervereinigung wird jeweils durch eine Y-förmige Verzweigung des Wellenleiters bewirkt (Abb. 2b). Während sich beim Gangunterschied Δs = 0 die einfallende Welle am Ausgang reproduziert, findet für Δs = π destruktive Interferenz der beiden Teilwellen statt mit dem Ergebnis, daß das Licht zum größten Teil in das Substrat gestrahlt wird und nur zu einem geringen Teil das Interferometer über den Ausgang verläßt.
Ist die angelegte Spannung eine Wechselspannung, so arbeiten die geschilderten beiden Interferometer als Lichtmodulatoren. Es lassen sich so Modulationsbandbreiten im GHz-Bereich erreichen.
Als interferometrische Filter können Mach-Zehnder-Interferometer mit unterschiedlichen Armlängen verwendet werden, da der optische Gangunterschied in diesem Falle stark wellenlängenabhängig ist. Eine weitere Möglichkeit der Frequenzselektion bietet ein Richtkoppler, der aus zwei Streifenleitern unterschiedlicher Dicke und damit auch unterschiedlicher Brechzahl besteht. Diese beiden Wellenleiter zeigen eine unterschiedliche Abhängigkeit der effektiven Brechzahl neff von der Wellenlänge λ. Durch geeignete Dimensionierung der Wellenleiter läßt sich erreichen, daß sich die beiden Dispersionskurven neff(λ) bei einer gewünschten Wellenlänge λ0 schneiden. Bei dieser Wellenlänge liegt dann Phasenanpassung vor, was einen vollständigen Übertritt des Lichtes aus dem ersten Wellenleiter in den zweiten möglich macht. Durch Anlegen einer elektrischen Spannung kann man die Dispersionskurven und damit auch die Durchlaßwellenlänge λ0 des Filters verändern.
2) Integrierte Bauelemente. Im folgenden werden einige Beispiele für bereits realisierte Systeme der i. O. angeführt.
a) Monolithischer Wellenlängenmultiplexer. Sechs DFB-Heterostrukturlaser, die bei um jeweils 2 nm voneinander verschiedenen Wellenlängen emittierten, wurden auf ein 5 mm×5 mm großes GaAs-Substrat mittels Flüssigphasenepitaxie aufgebracht. Die Gitterstruktur auf der Oberfläche der Laser wurde durch chemisches Ätzen unter Verwendung einer photolithographisch hergestellten Maske erzeugt. Die Laser emittierten direkt in jeweils einen Wellenleiter aus undotiertem Ga0,9Al0,1As. Diese Wellenleiter wurden gekrümmt zu einem Ausgangskoppler zusammengeführt (Abb. 3).
b) Akustooptischer Spektrumanalysator. Zur frequenzmäßigen Zerlegung eines Radiofrequenzsignals eignet sich ein akustooptischer Modulator. Monochromatisches Laserlicht wird in einen ebenen Wellenleiter eingekoppelt (Abb. 4), wo es zunächst durch zwei integrierte Linsen aufgeweitet wird. Anschließend durchläuft es ein Gebiet, in dem sich eine akustische Oberflächenwelle ausbreitet. Es wird dort gebeugt (Debye-Sears-Effekt) und schließlich durch eine weitere integrierte Linse auf ein Photodiodenarray abgebildet. Auf welches Detektorelement das Laserlicht dabei gelangt, hängt von der Frequenz der Ultraschallwelle und damit der Wechselspannung ab, mit welcher der Schallgeber betrieben wird. (Letzterer hat die Struktur zweier ineinandergreifender metallischer Kämme, die mit photolithographischen Standardverfahren auf den Wellenleiter aufgebracht werden.) Legt man daher das zu analysierende Radiofrequenzsignal (nach Verstärkung) an den Schallgeber, so werden entsprechend seiner spektralen Zusammensetzung unterschiedliche Detektorelemente vom Licht getroffen, und das Ausgangssignal eines jeden Elementes ist proportional zu der Leistung des Radiofrequenzsignals bei der betreffenden Frequenz. Wenige optische Elemente erfüllen so eine Funktion, für die bei elektronischer Realisierung des Gerätes Tausende von elektronischen Bauelementen benötigt würden. Das geschilderte System wurde unter Verwendung eines Substrates aus LiNbO3 gefertigt. Der ebene Wellenleiter wurde durch Eindiffundieren von Titan bei etwa 1300 K gebildet. Die Linsen waren von geodätischem Typ; sie wurden dadurch hergestellt, daß man vor dem Diffusionsprozeß in der Oberfläche des Substrates entsprechende "Grübchen" erzeugte. Die Anwendung des Spektrumanalysators liegt vor allem auf militärischem Gebiete. Mit seiner Hilfe kann der Pilot eines Flugzeuges einen ankommenden Radar-Strahl – nach Mischung mit einem lokalen Oszillator – augenblicklich spektral zerlegen und an dem Ergebnis erkennen, ob das Radarsignal feindlicher Herkunft ist oder nicht.
oc) Analog-Digital-Umsetzer. Zur Umwandlung analoger elektrischer Signale in digitale kann ein Mach-Zehnder-Interferometer gemäß Abb. 2a verwendet werden. In einen der Eingänge läßt man die Strahlung eines Dauerstrichlasers (oder auch einen von einem Impulslaser ausgesandten Impulszug) eintreten, und das analoge elektrische Signal wird als Spannung an die Elektroden angelegt. Das austretende Licht ist dann entsprechend intensitätsmoduliert, wobei die (optischen) Signale in den beiden Ausgängen komplementär zueinander sind. Eines von ihnen läßt man auf einen Photodetektor (eine Avalanche-Photodiode) fallen. Dessen elektrisches Signal wird verstärkt und einem elektrischen Komparator zugeführt, der – je nachdem, ob das Signal über oder unter einem vorgegebenen Schwellenwert liegt – ein "1" oder "0" repräsentierendes Signal liefert. Realisiert wurde die interferometrische Anordnung wie der Spektrumanalysator auf LiNbO3-Basis.
Integrierte Optik 1: Lichteinkopplung in einen ebenen Wellenleiter über ein Prisma (a), einen sich verjüngenden Wellenleiter (b) oder ein Gitter (c).
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