Lexikon der Optik: Kaustikverfahren
Kaustikverfahren, ein Verfahren der Spannungsoptik. Es nimmt insofern eine Sonderstellung ein, als hier das Objekt nicht mit einem optischen Aufbau vermessen wird, sondern selbst ein Element im Strahlengang des optischen Aufbaus, im allgemeinen Falle eine asphärische Linse bzw. einen asphärischen Spiegel, darstellt. Voraussetzung ist deshalb, daß das Objekt eine entsprechend polierte Oberfläche besitzt. Das Prinzip zeigt Abb. 1 für die technisch bedeutsame Anwendung in der Bruchmechanik zur Bestimmung der Beanspruchung an einer Rißspitze. Bei Beanspruchung mit einer mechanischen Zugspannung σ0 in vertikaler Richtung verformt sich die Probe – ein flacher Stab mit einer spitzen Kerbe – infolge der Querdehnung an der Rißspitze (im Bereich der Spannungskonzentration) sehr viel stärker als im übrigen Bereich. Als Folge davon tritt Spannungsdoppelbrechung auf, die zu einer linsenähnlichen Wirkung auf ein einfallendes Strahlenbündel Anlaß gibt. Auf einer Abbildungsebene zeigt sich als reelles Bild ein Schattenbereich e, umgeben von einer hellen Kaustik f. Deren Form und Größe sind ein Maß für die Beanspruchung im Bereich der Spannungskonzentration. In Abb. 2 ist ein in einer Reflexionsanordnung erhaltenes Bild wiedergegeben.
Der wesentliche Vorteil des K. besteht darin, daß man beliebige Materialien, auch undurchsichtige, untersuchen und übliche Abbildungsanordnungen verwenden kann (z.B. ändert sich bei konvergentem oder divergentem Strahlenbündel nur der geometrische Abbildungsmaßstab). Deshalb kann man auch sehr schnelle Vorgänge, z.B. mit Hilfe einer Cranz-Schardin-Kamera, untersuchen.
Kaustikverfahren 1: Lichtablenkung und Entstehung einer Kaustik infolge der Spannungskonzentration an der Kerbspitze einer gekerbten Zugprobe (schematisch).
a einfallendes Licht,
b Probe,
e Schattengebiet,
f Lichtkonzentration.
Kaustikverfahren 2: Schattenoptisches Bild einer auf Zug beanspruchten Probe mit Riß. Es handelt sich um eine (undurchsichtige) polierte Stahlprobe, d.h., die Probe wirkt in Reflexionsanordnung als asphärischer Spiegel. Der Schatten ist umgeben von der hellen Kaustik. Der gesprenkelte Hintergrund rührt von der nicht optimal polierten Oberfläche der Stahlprobe her. Wegen der Reflexionsanordnung ist hier das virtuelle Bild dargestellt.
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