Lexikon der Optik: Okular
Okular, augenseitiges, als Lupe wirkendes virtuell abbildendes optisches System zur vergrößerten Betrachtung des vom Objektiv erzeugten Zwischenbildes in visuellen optischen Instrumenten. Analog zur Lupe liegt im allgemeinen das Objekt in der objektseitigen Brennebene, so daß das Auge das Bild virtuell wahrnimmt. Im Gegensatz zur Lupe zur direkten Objektbetrachtung können O. auch eine negative Brechkraft besitzen. Ein derartiges zerstreuendes O. oder Galilei-Okular (Abb. e) verkürzt durch seine Lage vor der Zwischenbildebene die Baulänge der optischen Instrumente gegenüber sammelnden O. um die doppelte Okularbrennweite.
O. werden durch ihre Normalvergrößerung Γ'Ok (Vergrößerung), die durch die Okularbrennweite f'=250 mm/Γ'Ok bestimmt wird, und ihre in Millimetern angegebene objektseitige Feldzahl (Blende) bzw. durch den Bildwinkel gekennzeichnet. Dieser liegt bei Normalwinkelokularen zwischen 25° und 45°, bei Weitwinkelokularen zwischen etwa 60° und 70° und kann im Extremfall auch 90° betragen. Die Okularvergrößerung ist im allgemeinen kleiner als 40×, kann aber in Ausnahmefällen, z.B. bei astronomischen Fernrohren, auf 60× erhöht werden. Da sie bei zerstreuenden O. und bei den aus einem sammelnden O. und einem Umkehrsystem zusammengesetzten terrestrischen O. negativ ist, erzeugen diese durch Bildumkehr des auf dem Kopf stehenden Zwischenbildes ein aufrechtes Bild. Einfache sammelnde O. bewirken infolge ihrer positiven Vergrößerung keine Bildaufrichtung und werden als astronomische O. bezeichnet. Die Feldzahl ist bei schwachen (bis zu 8× vergrößernden) O. auf 20 mm begrenzt und nimmt bei stärkerer Vergrößerung ab. Bei Großfeldokularen ist die Fehldzahl größer als 30 mm.
Da O. größere Felder mit kleiner Apertur abbilden, sind vor allem Verzeichnung, Astigmatismus und chromatische Vergrößerungsdifferenz zu korrigieren. Die sphärische Aberration und der Farblängsfehler wirken sich nur bei großen Okularbrennweiten aus. Bei Planokularen ist das Bildfeld geebnet. Die chromatische Vergrößerungsdifferenz ist bei zweigliedrigen O. aus einer Glasart behoben, wenn die halbe Summe der beiden Teilbrennweiten dem Abstand beider Glieder entspricht. Bei Kompensokularen werden gezielt Aberrationen zur Kompensation der entsprechenden Objektivaberrationen eingeführt.
Sammelnde O. besitzen infolge ihrer positiven Brechkraft eine reelle Objektebene, in die als Meßhilfen ein Fadenkreuz, ein Mikrometermaßstab, eine Strichplatte oder andere Meßmarken (Meßokulare) eingeführt werden können. Sie bilden die Austrittspupille des Objektivs in die Augenpupille bzw. bei Weitwinkelokularen in den Augendrehpunkt ab. Diese Pupillenabbildung erfolgt im allgemeinen durch eine Feldlinse, die die Okularvergrößerung bestimmende Augenlinse zu einem zweigliedrigen System ergänzt. Der Durchmesser dieser im Gegensatz zur Lupe in einer definierten Lage fixierten Austrittspupille schwankt zwischen 1 bis 2 mm bei Ablese-, 3 mm bei Mikroskop-, 4 bis 5 mm bei Feldstecher- und 7 bis 10 mm bei Sonderokularen.
Die einfachste Ausführungsform eines zweilinsigen O. ist das ursprüngliche Ramsden-Okular aus zwei Plankonvexlinsen gleicher Brechkraft und Glasart, die sich im Abstand ihrer Brennweiten (die außerdem der Okularbrennweite entsprechen) gegenüberstehen (Abb. a). Da die Planflächen der Feld- und der Augenlinse in der Zwischenbildebene bzw. in der Austrittspupille liegen, stören Kratzer und Staub auf der Feldlinse und kann die Augen- nicht in die Austrittspupille gebracht werden. Deshalb muß die Feldlinse aus der Zwischenbildebene gebracht werden. Dadurch entstehen die beiden Grundtypen sammelnder (astronomischer) O., das abgewandelte Ramsden-Okular mit davor liegender und das Huygens-Okular mit im Inneren liegender Zwischenbildebene (Abbn. b und c), aus denen durch Linsenaufspaltung alle zweigliedrigen O. ableitbar sind. Beim Ramsden-Okular können in die von außen zugängige Gesichtsfeldblende Meßmarken u.a. eingeführt werden, die beim Okularwechsel im Gerät verbleiben können. Dagegen ist die im Inneren des aus zwei Plankonvexlinsen gleicher Glasart mit dem Auge abgewandten Planflächen aufgebauten Huygens-Okulars angeordnete Gesichtsfeldblende vor Staub und äußerem Zugriff geschützt. Da die im Abstand der halben Brennweitensumme beider Linsen vor der Augenlinse angeordnete Feldlinse die Größe des Zwischenbildes ändert, müssen in der Gesichtsfeldblende liegende Skalen entsprechend geeicht werden. Wählt man als Augenlinsen Kittglieder aus Kron- und Flintglas, dann entstehen aus Ramsden-Okularen hinsichtlich der chromatischen und der sphärischen Aberration verbesserte, in Feldstechern eingesetzte Kellner-Okulare bzw. aus Huygens-Okularen zur Kompensation der chromatischen Vergrößerungsdifferenz und der Bildfeldwölbung dazugehöriger Kompensobjektive gezielte Restaberrationen besitzende Kompensokulare.
Im Gegensatz zu den zweigliedrigen O. erfordern eingliedrige O. bildseitig telezentrischen Hauptstrahlengang des Objektivs (Abb. d). Beim praktisch reflexfreien monozentrischen O. besteht die Okularlinse aus einer zwischen zwei Flintglasmenisken gekitteten bikonvexen Kronglaslinse, beim weitgehend verzeichnungsfreien orthoskopischen O. aus vier bis fünf gruppenweise verkitteten Linsen, die große Aperturen und Bildwinkel erlauben.
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