Lexikon der Optik: vergrößernde Sehhilfen
vergrößernde Sehhilfen, Sammelbegriff für optische und elektronische Hilfsmittel, die Menschen mit einer Sehbehinderung (Sehschwache) zur Erfüllung annähernd normaler Sehanforderungen befähigen sollen. Aber auch Menschen mit normalem Sehvermögen benötigen v. S., wenn sie z.B. bei der Arbeit Sehaufgaben erfüllen müssen, die an oder unter der normalen Erkennbarkeitsgrenze des Sehorgans liegen.
Zu den optisch v. S. zählen Lupen, Lupenbrillen, Fernrohre, Fernrohrbrillen und Fernrohr-Lupenbrillen. Zu den elektronisch v. S. gehören Bildschirm-Lesegeräte und vergrößernde Computersysteme sowie elektronische Lupen und mobile Videosysteme.
Voraussetzung für die erfolgreiche Anwendung von v. S. ist die Abklärung von Vergrößerungsbedarf, Gesichtsfeldbedarf, Distanzbedarf und Lichtbedarf. Der Vergrößerungsbedarf wird mit Hilfe von speziellen Sehproben ermittelt. Der Gesichtsfeldbedarf und der Distanzbedarf ergibt sich aus der Sehaufgabe und muß als Kompromiß zum Vergrößerungsbedarf gesehen werden. Der Lichtbedarf muß erprobt werden.
Lupen sind Einzellinsen oder Linsensysteme mit positivem Brechwert zur vergrößerten Betrachtung naher Objekte. Sie sollen leicht sein (häufig Plastikoptik) und wegen der besseren Abbildung asphärische Flächen besitzen. Die optischen Flächen sollten reflexgemindert und möglichst auch gehärtet sein. Nach der Ausführungsform unterscheidet man:
Handlupen. Bei einem großen, bequemen Abstand zum Auge werden nur kleine Vergrößerungen, ca. nur 2fach, erreicht. Auch das Gesichtsfeld ist klein. Höhere Vergrößerungen und größere Gesichtsfelder sind möglich, wenn Lupen dicht vor das Auge gehalten werden.
Standlupen sind für einen großen Arbeitsabstand an einem Stativ befestigt und haben kleine Vergrößerungen. In Verbindung mit einer Beleuchtungseinrichtung spricht man von Stand-Leuchtlupen.
Aufsetzlupen sind bequem zu benutzen, weil sie dem Sehobjekt bzw. der Lesevorlage aufgesetzt werden. Dabei sorgt der zum Lupengehäuse gehörende Abstandhalter für den optimalen Objektabstand, in welchem die höchste Vergrößerung erreicht wird. Zu den Aufsetzlupen zählen auch die Visolett- oder Hellfeldlupen. Das sind dicke plankonvexe Linsen, die mit ihrer Planfläche auf die Lesevorlage aufgesetzt werden. Vorteilhaft ist die lichtsammelnde Wirkung der Visolettlupe.
Auch Aufsetzlupen können mit einer zusätzlichen Beleuchtungseinrichtung versehen sein, sie heißen dann Aufsetz-Leuchtlupen.
Das Bild, das eine Aufsetzlupe von der Objektebene (= Aufsetzebene) liefert, liegt meist 100 bis 300 mm unter der Lupe. Auf dieses Bild muß akkommodiert werden können. Je dichter man mit dem Auge an die Aufsetzlupe herangeht, um so höher wird die Vergrößerung. Das Gesichtsfeld wird bei Annäherung an die Lupe ebenfalls größer.
Zu den Lupen zählen auch Lupenvorsätze, die an Brillen angeklemmt werden können sowie binokulare Kopflupen.
Lupenbrillen sind Nahbrillen mit Nahzusätzen (Additionen) größer als +4 dpt. Lupenbrillengläser können mit Wirkungen bis zu +48 dpt hergestellt werden, erlauben bis 12fache Vergrößerungen und größere Sehfelder als andere Sehhilfen mit gleicher Vergrößerung. Diese Lupenbrillengläser werden auch Hyperokulare genannt (Abb. 1). Bis ca. +12 dpt können Lupenbrillen binokular benutzt werden, sie haben dann Prismen mit der Basis innen zur Verminderung der Konvergenzbelastung.
Zur besseren Orientierung im Raum werden Lupenhalbbrillen angewendet, ebenfalls mit Basis-innen-Prismen zur Konvergenzunterstützung und in Stärken von +6,0 bis +12,0 dpt.
Zweistärken-Lupenbrillen haben in der unteren Hälfte der fernkorrigierenden Brillengläser den Lupen-Nahzusatz aufgekittet oder eingepaßt.
Fernrohr- bzw. Prismenfernrohrbrillen sind Brillen, in die Fernrohre Galileischer Bauart oder Prismenfernrohre Keplerscher Bauart montiert wurden. Diese Fernrohrsysteme sind für den Ferngebrauch parallel gestellt und können für den Nahgebrauch einäugig benutzt werden, sofern eine Naheinstellung des Systems oder das Aufsetzen einer entsprechenden Vorsatzlinse möglich ist.
Fernrohrlupen- bzw. Prismenfernrohrlupenbrillen sind Fernrohr- bzw. Prismenfernrohrbrillen, auf die Lupen gesetzt wurden. Sie ermöglichen relativ hohe Vergrößerungen bei etwas vergrößerten Arbeitsabständen, aber kleinen Gesichtsfeldern. Sie sind sehr zentrier- und bewegungskritisch. Die Lupenteile können auch in Zweistärkenausführung für abwechselnden Fern- und Nahgebrauch beschaffen sein.
Bildschirmlesegeräte sind elektronische Hilfsmittel für hochgradig Sehbehinderte. Sie bestehen aus einer Videokamera und einem Monitor sowie einem Objektauflagetisch und einer Beleuchtungseinrichtung (Abb. 2). Die Vergrößerung (der Abbildungsmaßstab) ist in einem sehr weiten Bereich regelbar. Sie wird auch vom Abstand des Beobachters zum Monitor mitbestimmt und kann bis zu 50fach sein.
Elektronische Lupen sind kleine und transportable Digitalkameras, die auf die Lesevorlage aufgelegt werden und entweder auf einem Display an der Kamerarückwand oder auf einem separaten kleinen Monitor ein vergrößertes Bild liefern (Abb. 3).
Mobile Videosysteme sind in einem Helm untergebracht. Kleine Videokameras liefern Bilder von der Umgebung, welche über Spiegelsysteme in das Auge des Sehschwachen projiziert werden, wobei Einstellentfernungen und Vergrößerungen stufenlos wählbar sind (Abb. 4).
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