Metzler Lexikon Philosophie: Absolut, das Absolute
In attributiver Verwendung bedeutet a.: unbedingt, vollkommen (im Ggs. zu relativ), notwendig (im Ggs. zu bloß hypothetisch); in substantivischer Verwendung bedeutet das A. die Vorstellung einer unbedingten Instanz. Im Hinblick auf die Existenz: die erste Ursache oder eine unendliche Einheit; im Hinblick auf die Verfügungsgewalt: die uneingeschränkte Macht. – (1) Als zentrales Thema der Metaphysik resultiert das A. aus den ontologischen Fragestellungen: Was ist das eigentlich Wirkliche? Worin liegt der Grund der Wirklichkeit? Worin ist der umfassende Sinnzusammenhang der Wirklichkeit zu sehen? Die metaphysische Fragestellung kann auch in theologischer Wendung nach einem höchsten Wesen als unbedingtem Sein, von dem her das Seiende erst sich als bedingtes und endliches bestimmen lässt, formuliert werden. (2) Im Rahmen ethischer Fragen kann das A. als höchstes Gut, das in sich selbst gut ist, bestimmt werden. (3) In erkenntniskritischer Hinsicht: Das A. als notwendige metaphysische Annahme (Leibniz). Da das Universum einerseits in seiner Äußerlichkeit nicht vollständig erfahrbar, andererseits nur in seiner Totalität als vollendet gedacht werden kann, ergibt sich als metaphysische Notwendigkeit die Unabweisbarkeit der Vorstellung des Ganzen. (4) In der Philosophie des Deutschen Idealismus stellt das A. die Wirklichkeit als zusammenhängende Einheit dar. In der Erörterung des einheitsstiftenden Moments differieren die Positionen: Bei Fichte wird das bedingende Ich, d.h. die Freiheit der schöpferischen Aktivität, als Grund der Einheit angenommen. Als a. ist das Ich deshalb anzusehen, da es das von ihm Unterschiedene, das Nicht-Ich, sich selbst entgegensetzt, also den Unterschied zu sich selbst erst setzt. Schelling setzt dieser Position einschränkend entgegen: Das Ich ist nur im Hinblick auf seine Selbstbegründung als frei handelndes a., nicht aber das letzte eigentliche A., da es als Subjekt eines Objektes, d.h. der Natur bedarf. Dem a.n Handeln des Subjekts aus freiem Willen setzt Schelling das a.e Handeln der Natur aus Gesetzen gegenüber. Das eigentliche A. besteht in dem wechselseitigen Verhältnis des Subjektiven, d.i. Welt des Ideellen, mit dem Objektiven, d.i. Welt des Reellen, so dass Ich und Natur nur als Manifestationen einer Einheit zu denken sind. Diese Einheit wird von ihm als totale Vernunft bezeichnet, insofern sie als totale Indifferenz des Subjektiven und Objektiven gedacht wird. Bei Hegel fungiert das A. als Relation und als Idee. Die Welt als ganze in der Mannigfaltigkeit der in Wechselwirkung miteinander verknüpften Einheiten stellt das a.e Verhältnis dar. Das A. ist die Relation selbst, in der jedes mit jedem verknüpft ist. Vom a.en Geist spricht Hegel in Bezug auf die geschichtliche Wirklichkeit, in der sich die prozesshafte Selbstentfaltung der Vernunft vollzieht, d.h. dass in den geschichtlich-gesellschaftlichen Gestaltungen des Lebens sich die Selbstbestimmung als Fortschritt im Bewusstsein der Freiheit zeitigt.
Literatur:
- G. W. F. Hegel: Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften (Werkausgabe hg. E. Moldenhauer/K. M. Michel Bd. 8–10). Frankfurt 1970
- J. G. Fichte: Die Wissenschaftslehre. Hg. R. Lauth u.a. Hamburg 1975
- H. H. Holz: Das Absolute. In: Europ. Enzyklopädie zu Philosophie und Wissenschaften
- H. Radermacher: Fichtes Begriff des Absoluten. Frankfurt 1970
- F. W. J. Schelling: Darstellung meines Systems der Philosophie. In: Schellings Werke. Hg. M. Schröter. Bd.III. München 1962–71. S. 1–108
- A. Schurr: Philosophie als System bei Fichte, Schelling und Hegel. Stuttgart 1974.
PP
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