Metzler Lexikon Philosophie: Analytisch
Mit diesem Ausdruck werden in vielfacher Weise entweder ein Satz oder ein Urteil oder eine Aussage qualifiziert: (1) Ein Satz heißt a. genau dann, wenn sich seine Wahrheit allein aus den semantischen Regeln der Sprache ergibt, so dass jeder, der die Sprache versteht, diesen Satz als wahr ansehen muss (Philosophie der normalen Sprache). (2) A.e Sätze werden als Bedeutungswahrheiten (im Ggs. zu Tatsachenwahrheiten) bezeichnet, d.h. sie sind aufgrund definitorischer und logischer Vereinbarungen wahr. Als formales Kriterium gilt, dass ein Urteil dann a. wahr ist, wenn es ausschließlich mit Hilfe der Gesetze der Logik und den Definitionen der Sprache bewiesen oder widerlegt werden kann (Frege). (3) Ein Urteil ist a. dann, wenn das Urteilsprädikat im Urteilssubjekt bereits enthalten ist und durch Zergliederung des Subjektbegriffs sich das Prädikat als Teilbegriff ergibt (Kant – Bsp.: alle Körper haben eine räumliche Ausdehnung; Erläuterungsurteil) – dies kann nur für Urteile in der Subjekt-Prädikat-Form gelten. Das Kriterium für a. ist, dass dem Subjektbegriff nicht widerspruchsfrei der Prädikatsbegriff abgesprochen werden kann (Bsp.: alle Junggesellen sind unverheiratet). (4) A.e Aussagen können von synthetischen hinsichtlich ihres Sachbereichs unterschieden werden: a.e Aussagen beziehen sich auf rein formale Gesetze, synthetische auf materiale Wesensgesetze, d.h. sie sagen etwas über allgemeine Strukturen materialer Zusammenhänge aus (Husserl, Logische Untersuchungen Bd. II). (5) A. dient auch zur Bezeichnung der Berechtigung von Urteilen: die a.e Wahrheit ergibt sich durch Bezug auf Wahrheiten allgemein logischer Natur. (6) Eine Aussage wird als a. bezeichnet, wenn sie in allen möglichen Welten wahr ist, bzw. wenn sie für jede Zustandsbeschreibung wahr ist. (7) A. ist ein Synonym für »logisch wahr« und gilt auch für Aussagen, die durch Einsetzen von Synonymen in logisch wahre Sätze umgewandelt werden. – Von Quine wird die Unterscheidung in a.e und synthetische Urteile in Frage gestellt, indem er zunächst davon ausgeht, dass ein a.er Satz entweder logisch wahr ist oder durch Ersetzung mittels synonymer Ausdrücke zu einem a. wahren Satz wird. In seiner Kritik verweist er darauf, dass zur Definition zweier Ausdrücke aber bereits auf ein Verständnis von a. wahren Sätzen zurückgegriffen werden muss. D.h. dass Synonymität und »a. wahr« nicht zirkelfrei bestimmt werden können. Als Antwort auf diese Kritik schlägt Carnap vor, dass man durch Bedeutungspostulate (Analytizitätspostulat) die Beziehungen der Bedeutungen festlegt (z.B. die Unverträglichkeit der Prädikate »Junggeselle« und »verheiratet«). Nach einer bestimmten Anzahl von Postulaten kann man definieren: A. sind diejenigen Sätze, die aus der Gesamtheit der Bedeutungspostulate folgen. Damit wird die Definition von a. auf ausdrücklich getroffene sprachliche Regulationen bezogen.
Literatur:
- R. Carnap: Bedeutungspostulate. In: Ders.: Bedeutung und Notwendigkeit. Wien/New York 1972. S. 278 ff
- H. Delius: analytisch/synthetisch. In: HWPh
- G. Frege: Die Grundlagen der Arithmetik. Darmstadt 1961
- I. Kant: Prolegomena. § 2a
- Ders.: Kritik der reinen Vernunft. B 10f
- W. V. O. Quine: Zwei Dogmen des Empirismus. In: Ders.: Von einem logischen Standpunkt. Frankfurt/Berlin/Wien 1979. S. 27 ff.
PP
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