Metzler Lexikon Philosophie: Antike
Der Begriff wird in unterschiedlichen Bedeutungen verwendet.
(1) Als Name für die griech.-römische Geschichte verdankt die A. ihr besonderes Interesse dem Versuch der Wiedergeburt (rinascita) einer als ein Ideal empfundenen Denk- und Lebensweise durch die Humanisten. Während Petrarca das Studium der »Alten« als ein »studium humanitatis« begreift, erhofft sich Machiavelli in der Erneuerung der A. die Rettung Italiens: »Unser Vaterland scheint berufen, das Altertum zu neuem Leben zu erwecken, das haben unsere Dichter, Bildhauer und Maler bewiesen« (Kriegskunst VII, 17). Beide verstehen unter A. hauptsächlich röm. Geschichte.
(2) A. als Epochenbegriff wurde von dem dt. Philologen und Historiker Cellarius (1634-1707) eingeführt. In seiner Neugliederung der Geschichte unterschied er die »historia antiqua«, die mit Kaiser Konstantins Alleinherrschaft und der Erhebung des Christentums zur Staatsreligion endete, von der Epoche des »medii aevi«, die bis zum letzten Kaiser Konstantinopels reichte, und der sich daran anschließenden »historia nova« oder »moderna«. Das Schema »Altertum/A. – MA. – Neuzeit« setzte sich durch, wobei seit dem 19. Jh. die A. als Teil eines umfassenderen, universalgeschichtlich gedachten Altertums aufgefasst wurde. Der Streit über seine zeitlichen Zäsuren und seine räumliche Begrenzung führte nicht nur zu neuen Periodisierungsvorschlägen, sondern darüber hinaus zur Frage nach dem Sinn von Periodisierungen (Croce, Jaspers, Collingwood, Toynbee).
(3) Im 18. Jh. wurde A. zu einem kunstgeschichtlich zu deutenden Stilbegriff. Ausgehend von Winckelmann, der unter »Antiquen« »alte aus dem Altertum stammende Statuen« verstand, wurde im Zeichen des Neuhumanismus bei Goethe, W. v. Humboldt, F. Schlegel u.a. die A. zu einem ästhetischen Ideal der persönlichen Bildung.
(4) Für die Philosophiehistorie ist die A. die Epoche des Ursprungs und der Verbreitung der Philosophie innerhalb der griech.-römischen Kultur. Weitgehend übereinstimmend wird sie in drei Abschnitte gegliedert: (a) Vorsokratiker (Milesier, Pythagoreer, Eleaten, Heraklit, Atomisten) und Sophistik (8. bis 5. Jh. v. Chr.), (b) die klassische, attische Philosophie (Sokrates, Platon, Aristoteles; 5. bis 4. Jh. v. Chr.) und (c) die hellinistisch-römische Periode (Stoa, Epikureismus, Akademie, Skeptizismus und Neuplatonismus bis Plotin; 3. Jh. v. Chr. bis 3. Jh. n. Chr.). Mit der christlichen Patristik bilden sich in dieser Zeit und in enger Auseinandersetzung mit der griech.-römischen Philosophie bereits die Grundlagen der ma. Philosophie heraus.
Literatur:
- J. Bleicken u.a. (Hg.): Oldenbourg Grundriss der Geschichte. Bd. 1–4. München 1980 ff
- J. B. Bury u.a. (Hg.): The Cambridge Ancient History. 14 Bde. Cambridge 21970 ff
- H. Flashar (Hg.): Die Philosophie der Antike. 4 Bde. Basel/Stuttgart 1983–98. In: Grundriss der Geschichte der Philosophie (begr. v. F. Ueberweg)
- E. Friedell: Kulturgeschichte der Neuzeit. München 1969. S. 786–840
- H.-J. Gehrke/H. Schneider (Hg.): Geschichte der Antike. Ein Studienbuch. Stuttgart 22006
- F. G. Maier: Periodisierung, Allgemein; Periodisierung, Altertum. In: W. Besson (Hg.): Geschichte. Fischer-Lexikon 24. Frankfurt 1961
- W. Müri: Die Antike. Untersuchungen über den Ursprung und die Entwicklung einer geschichtlichen Epoche. In: Jb. Antike und Abendland 7 (1958). S. 7–45
- W. Röd: Die Philosophie der Antike. 4 Bde. In: Ders. (Hg.): Geschichte der Philosophie. München 1988–1993
- W. Rüegg/A. Reckermann/A. Müller: Antike. In: HWPh. Bd. 1. Darmstadt 1971. Sp. 385–392
- M. Wegner: Altertumskunde. Orbis Academicus. Bd. 2. Freiburg/München 1961.
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