Metzler Lexikon Philosophie: Begriff
(1) In erkenntnistheoretischer Hinsicht werden B.e als Allgemeinvorstellungen, unter die konkrete Anschauungen oder Einzelvorstellungen subsumiert sind, verstanden. In Abgrenzung zur konkreten Anschauung werden sie als Abstrakta aufgefasst, deren Status im Universalienstreit umstritten war: Ihr Allgemeinheitscharakter macht sie zu Universalien, die man entweder als reale Gegenstände (i.S. allgemeiner Wesenheiten) verstanden hat oder nur als mentale (oder psychische) Gegenstände oder nur als eine besondere Sorte von Zeichen. Während Platon diese noch als reale Wesenheiten begreift, gelten die B.e für Descartes wie für Locke als mentale Operationen, die aus der Mannigfaltigkeit des anschaulich Gegebenen abstraktiv einen allgemeinen B. (i. S. eines mentalen Gegenstandes) gewinnen. Bei Kant (KrV) gelten B.e als allgemeine Vorstellungen (im Gegensatz zu den singulären Anschauungen), wobei er zwischen empirischen B.en und reinen Verstandesbegriffen unterscheidet: Die Erfahrungsbegriffe entspringen der sinnlichen Anschauung bzw. sind Resultat eines kontinuierlichen Zusammenfügens (Synthesis) von Wahrnehmungen und Wahrnehmungsurteilen, die Verstandesbegriffe dagegen stellen B.e dar, die nicht aus der Erfahrung gewonnen sind, sondern diese erst ermöglichen sollen. Durch B.e wird ein rezeptiv gewonnenes Anschauungsmaterial zu einer Einheit und d.h. zu einem Objekt geformt. Diese Formung geschieht nach Regeln der Synthesis, die nicht ihrerseits aus den Empfindungen und Sinneseindrücken stammen. Die Verstandesbegriffe, d.i. die Kategorien, entspringen rein aus dem Verstand und ermöglichen es, die in der Anschauung gegebene Mannigfaltigkeit von Sinneseindrücken in eine objektive, allgemeine und notwendige Einheit zu bringen. Hegels spekulativer B. (Phänomenologie des Geistes; Logik II) verweist auf eine Totalität des Wissens bzw. auf den B. als Inbegriff des Wissens. Darunter versteht er zum einen die Methode und zum anderen die Bewegung des Reflektierens. Die Methode besteht in der Konstruktion der Vermittlungen, in der der B. als Einheit von Bestimmungen in Beziehung zu anderen aufgezeigt wird. Die Bewegung des Reflektierens erbringt als Resultat den B.: Das begreifende Denken entwirft in seinem Fortschreiten von der Sache einen allgemeinen B., mit dem die Sache selbst in Übereinstimmung zu bringen ist.
(2) Im logischen Sinne werden als B. diejenigen Ausdrücke bezeichnet, die anders als die Eigennamen sich nicht auf einen eindeutig bestimmten Gegenstand beziehen, sondern sich in der Weise auf mehrere Gegenstände beziehen, dass sie Eigenschaften benennen, die solchen Gegenständen zugeschrieben werden. Diese in der modernen formalen Logik übliche Auffassung nimmt Bezug auf die elementare Aussage, in der ein Nominator einen Gegenstand und der Prädikator eine Eigenschaft vertritt. Alles, was von dem durch den Nominator vertetenen Gegenstand ausgesagt wird, ist sein B., z.B. sagt die Aussage »n P« aus, dass dem Gegenstand n die Eigenschaft P zukommt bzw. dass n unter den B. P fällt. Enthält der B. mehrere Eigenschaften, spricht man davon, dass die Merkmale des B.es P als dessen Teilbegriffe seinen Inhalt ausmachen.
Literatur:
- G. Frege: Funktion, Begriff, Bedeutung. Göttingen 61986
- S. J. Schmidt: Bedeutung und Begriff. Braunschweig 1969
- Ch. Thiel: Begriff. In: Handlexikon zur Wissenschaftstheorie. Hg. H. Seiffert/G. Radnitzky. München 1989. S. 9 ff.
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