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Metzler Lexikon Philosophie: Bild, Bildtheorie

Umgangssprachlich wird der Ausdruck »B.« sowohl im engeren Sinne zur Bezeichnung von abstrakten wie gegenständlichen Darstellungen (Gemälden, Fotografien etc.) verwendet, als auch in dem sehr weiten Sinne, in dem von natürlichen Bildern (Spiegelbilder, Schatten etc.), mentalen Bildern (Vorstellungen, Traumbilder etc.), sprachlichen Bildern (z.B. Metaphern) oder auch von Menschenbildern, Weltbildern oder Idealbildern die Rede ist. Dieser Unbestimmtheit entsprechend besitzt der Bildbegriff philosophiehistorisch gleichermaßen in ästhetischen und zeichentheoretischen wie in bewusstseins- und erkenntnistheoretischen oder in metaphysischen und selbst ethischen Zusammenhängen Bedeutung. In seiner engen Fassung bezeichnet B. einen Gegenstand, der innerhalb einer kommunikativen Handlung im Unterschied zur sprachlichen Darstellung nicht als Beschreibung, sondern als visuelle Veranschaulichung eines (fiktiven oder realen) Sachverhalts aufgefasst wird. – Frühe schriftliche Überlegungen zum Ursprung und zur Funktion des B.s finden sich in Plinius’ Naturalis Historiae. Die Anekdote vom Wettstreit zwischen den Malern Zeuxis und Parrhasios gilt als Illustration einer illusionistischen Auffassung des B.s, die sich, in Form der Mimesislehre und mit dem Ideal der Ähnlichkeit verbunden, der gesamten antiken Kunsttheorie mitgeteilt hat. Die platonische Philosophie, die das B. weitgehend als Abbild versteht, steht zwar in dieser Tradition, wendet sich aber kritisch gegen ihre Ansprüche. In prominenter Weise tut sie das innerhalb der Metaphysik in Form der Ideenlehre, in der das sinnliche Einzelding als Abbild des Urbildes oder der Idee (eidos) gilt, zu dem es in einem Verhältnis der Teilhabe steht. Ausgehend vom Phänomen der natürlichen Bilder verknüpft Platon hier eine Verursachungsmit einer Ähnlichkeits- bzw. Teilhabebeziehung. Gegenüber diesen als Abbilder klassifizierten sinnlichen Einzeldingen schreibt er den B.ern der Malerei (griech. eikon) in seiner Kunstkritik (Politea 598a ff.) einen noch minderen Status als »bloßen« Schein zu. Der platonische Bildbegriff beeinflusste über die im Neuplatonismus durchgeführte Identifikation von Urbild und Göttlichem die gesamte ma. Bildtheorie (lat. imago).

Gemäß der bewusstseins- und erkenntnistheoretischen Umformung des Bildbegriffs in der neuzeitlichen Philosophie konnten geistige Prozesse adäquat als Verarbeitung bestimmter Repräsentationen, nämlich der Abbilder der ursprünglichen Sinnesdaten, beschrieben werden. Diese Auffassung erlebte ihren Höhepunkt im englischen Empirismus, dem die mentalen B.er nicht nur als die elementaren Einheiten der kognitiven Prozesse galten, sondern zugleich als Bezugspunkte zur Rechtfertigung der Erkenntnisansprüche dienten. Mit der sprachanalytischen Wendung der Philosophie kommt es durch Wittgenstein zu einer grundsätzlichen Neueinschätzung dieser Auffassung. Einerseits fasst er den Begriff des sprachlichen B.s gegenüber traditionellen Metapherntheorien als abstrakte Abbildung im Sinne einer Isomorphiebeziehung, andererseits forciert er eine prinzipielle Kritik sowohl des Begriffs des mentalen B.s als auch der Annahme, dass die Bedeutung sprachlicher Ausdrücke durch mentale B.er bestimmt werde. Die Theorie mentaler B.er erfährt zur Zeit innerhalb der Kognitionswissenschaft eine erneute Aufwertung. Gegenüber den Deskriptionalisten, die kognitive Prozesse sprachanalog beschreiben, unterstützen die Piktorialisten die Ansicht, dass es im Bereich des Mentalen neben der propositionalen auch eine piktoriale Form der Repräsentation gibt. – Die derzeitigen Bemühungen um eine allgemeine, zunächst vom Phänomen des B.s im engen Sinne ausgehende B.theorie sind vor allem beeinflusst durch die Arbeiten zur Kunstwissenschaft von Ernst Gombrich und zur philosophischen Ästhetik von Nelson Goodman. Gombrich und Goodman verkörpern innerhalb der Bilddiskussion paradigmatisch zwei Hauptstränge: B.er werden entweder mit Blick auf perzeptuelle Theorien sehr eng an spezifische Wahrnehmungsphänomene gebunden oder aber mit Blick auf die Sprachwissenschaft primär als besonderer Zeichentyp verstanden. Die perzeptuellen B.theorien betonen entsprechend spezifische Bildeffekte und lassen sich nach dem jeweiligen Aspekt unterscheiden, der hier für wesentlich gehalten wird: Bildrezeption wird als illusionistische Erfahrung, als das Erfassen von Ähnlichkeit, als das Sehen von etwas in etwas oder auch von etwas als etwas beschrieben. Die zeichentheoretischen Ansätze bemühen sich dagegen um eine Übertragung der sprachwissenschaftlichen Termini und beschreiben Bilder daher als ein Zeichensystem, das einer Sprache mehr oder weniger entspricht. Beide Standpunkte lassen sich sicherlich vereinbaren; da bisher eine solche übergreifende Theorie aber noch aussteht, ist mitunter der Eindruck eines schroffen Gegensatzes entstanden.

Literatur:

  • N. Block (Hg.): Imagery. Cambridge, Mass 1981
  • G. Boehm (Hg.): Was ist ein Bild? München 1994
  • E. H. Gombrich: Bild und Auge. Neue Studien zur Psychologie der bildlichen Darstellung. Stuttgart 1984
  • N. Goodman: Languages of Art. An Approach to a Theory of Symbols. Indianapolis 1976 (dt. Frankfurt 1995)
  • D. Lopes: Understanding Pictures. Oxford 1996
  • S. Majetschak (Hg.): Bild-Zeichen. Perspektiven einer Wissenschaft vom Bild. München 2005
  • K. Sachs-Hombach: Das Bild als kommunikatives Medium. Elemente einer allgemeinen Bildwissenschaft. Köln 2003
  • Ders. (Hg.): Bildwissenschaft. Disziplinen, Themen, Methoden. Frankfurt 2005
  • Ders. (Hg.): Bild und Medium. Kunstgeschichtliche und philosophische Grundlagen der interdisziplinären Bildwissenschaft. Köln 2006
  • Ders./K. Rehkämper (Hg.): Bild, Bildwahrnehmung, Bildverarbeitung. Wiesbaden 1998
  • O. R. Scholz: Bild, Darstellung, Zeichen. Philosophische Theorien bildhafter Darstellung. Frankfurt 22004
  • J. Steinbrenner/U. Winko (Hg.): Bilder in der Philosophie & in anderen Künsten & Wissenschaften. Paderborn 1997
  • L. Wiesing: Die Sichtbarkeit des Bildes. Geschichte und Perspektiven der formalen Ästhetik. Reinbek 1997
  • R. Wolheim: Art and its Objects. Cambridge 21980.
  • Die Autoren
AA Andreas Arndt, Berlin
AB Andreas Bartels, Paderborn
AC Andreas Cremonini, Basel
AD Andreas Disselnkötter, Dortmund
AE Achim Engstler, Münster
AG Alexander Grau, Berlin
AK André Kieserling, Bielefeld
AM Arne Malmsheimer, Bochum
AN Armin Nassehi, München
AR Alexander Riebel, Würzburg
ARE Anne Reichold, Kaiserslautern
AS Annette Sell, Bochum
AT Axel Tschentscher, Würzburg
ATA Angela T. Augustin †
AW Astrid Wagner, Berlin
BA Bernd Amos, Erlangen
BBR Birger Brinkmeier, Münster
BCP Bernadette Collenberg-Plotnikov, Hagen
BD Bernhard Debatin, Berlin
BES Bettina Schmitz, Würzburg
BG Bernward Gesang, Kusterdingen
BI Bernhard Irrgang, Dresden
BK Bernd Kleimann, Tübingen
BKO Boris Kositzke, Tübingen
BL Burkhard Liebsch, Bochum
BR Boris Rähme, Berlin
BS Berthold Suchan, Gießen
BZ Bernhard Zimmermann, Freiburg
CA Claudia Albert, Berlin
CH Cornelia Haas, Würzburg
CHA Christoph Asmuth, Berlin
CHR Christa Runtenberg, Münster
CI Christian Iber, Berlin
CJ Christoph Jäger, Leipzig
CK Christian Kanzian, Innsbruck
CL Cornelia Liesenfeld, Augsburg
CLK Clemens Kauffmann, Lappersdorf
CM Claudius Müller, Nehren
CO Clemens Ottmers, Tübingen
CP Cristina de la Puente, Stuttgart
CS Christian Schröer, Augsburg
CSE Clemens Sedmak, Innsbruck
CT Christian Tewes, Jena
CZ Christian Zeuch, Münster
DG Dorothea Günther, Würzburg
DGR Dorit Grugel, Münster
DH Detlef Horster, Hannover
DHB Daniela Hoff-Bergmann, Bremen
DIK Dietmar Köveker, Frankfurt a.M.
DK Dominic Kaegi, Luzern
DKÖ Dietmar Köhler, Witten
DL Dorothea Lüddeckens, Zürich
DP Dominik Perler, Berlin
DR Dane Ratliff, Würzburg und Austin/Texas
EE Eva Elm, Berlin
EJ Eva Jelden, Berlin
EF Elisabeth Fink, Berlin
EM Ekkehard Martens, Hamburg
ER Eberhard Rüddenklau, Staufenberg
EWG Eckard Wolz-Gottwald, Davensberg
EWL Elisabeth Weisser-Lohmann, Bochum
FBS Franz-Bernhard Stammkötter, Bochum
FG Frank Grunert, Basel
FPB Franz-Peter Burkard, Würzburg
FW Fabian Wittreck, Münster
GK Georg Kneer, Leipzig
GKB Gudrun Kühne-Bertram, Ochtrup
GL Georg Lohmann, Magdeburg
GM Georg Mildenberger, Tübingen
GME Günther Mensching, Hannover
GMO Georg Mohr, Bremen
GN Guido Naschert, Tübingen
GOS Gottfried Schwitzgebel, Mainz
GS Georg Scherer, Oberhausen
GSO Gianfranco Soldati, Tübingen
HB Harald Berger, Graz
HD Horst Dreier, Würzburg
HDH Han-Ding Hong, Düsseldorf
HG Helmut Glück, Bamberg
HGR Horst Gronke, Berlin
HL Hilge Landweer, Berlin
HND Herta Nagl-Docekal, Wien
HPS Helke Pankin-Schappert, Mainz
HS Herbert Schnädelbach, Berlin
IR Ines Riemer, Hamburg
JA Johann S. Ach, Münster
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JH Jörg Hardy, Münster
JHI Jens Hinkmann, Bad Tölz
JK Jörg Klawitter, Würzburg
JM Jörg F. Maas, Hannover
JOP Jeff Owen Prudhomme, Macon/Georgia
JP Jörg Pannier, Münster
JPB Jens Peter Brune
JQ Josef Quitterer, Innsbruck
JR Josef Rauscher, Mainz
JRO Johannes Rohbeck, Dresden
JS Joachim Söder, Bonn
JSC Jörg Schmidt, München
JV Jürgen Villers, Aachen
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KE Klaus Eck, Würzburg
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KH Kai-Uwe Hellmann, Berlin
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MBI Marcus Birke, Münster
MBO Marco Bonato, Tübingen
MD Max Deeg, Cardiff
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ME Michael Esfeld, Münster
MFM Martin F. Meyer, Koblenz/Landau
MK Matthias Kunz, München
MKL Martin Kleinsorge, Aachen
MKO Mathias Koßler, Mainz
ML Mark Lekarew, Berlin
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MM Matthias Maring, Karlsruhe
MN Marcel Niquet, Frankfurt a.M.
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MR Mathias Richter, Berlin
MRM Marie-Luise Raters-Mohr, Potsdam
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PE Peter Eisenhardt, Frankfurt a.M.
PCL Peter Ch. Lang, Frankfurt a.M.
PK Peter Kunzmann, Jena
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RD Ruth Dommaschk, Würzburg
RDÜ Renate Dürr, Karlsruhe
RE Rolf Elberfeld, Hildesheim
REW Ruth Ewertowski, Stuttgart
RH Reiner Hedrich, Gießen
RHI Reinhard Hiltscher, Stegaurach
RK Reinhard Kottmann, Münster
RL Rudolf Lüthe, Koblenz
RLA Rolf-Jürgen Lachmann, Berlin
RM Reinhard Mehring, Berlin
RP Roland Popp, Bremen
RS Regina Srowig, Würzburg
RTH Robert Theis, Strassen
RW Raymund Weyers, Köln
SD Steffen Dietzsch, Berlin
SIK Simone Koch, Bochum
SP Stephan Pohl, Dresden
SZ Snjezana Zoric, Würzburg
TB Thomas Bausch, Berlin
TBL Thomas Blume, Dresden
TF Thomas Friedrich, Mannheim
TG Thomas Grundmann, Köln
TH Thomas Hammer, Frankfurt a.M.
TK Thomas Kisser, München
TM Thomas Mormann, Unterhaching
TN Thomas Noetzel, Marburg
TP Tony Pacyna, Jena
TW Thomas Welt, Bochum
UB Ulrich Baltzer, München
UT Udo Tietz, Berlin
UM Ulrich Metschl, München/Leonberg
VG Volker Gerhardt, Berlin
VM Verena Mayer, München
VP Veit Pittioni, Innsbruck
VR Virginie Riant, Vechta
WAM Walter Mesch, Heidelberg
WB Wilhelm Baumgartner, Würzburg
WH Wolfram Hinzen, Bern
WJ Werner Jung, Duisburg
WK Wulf Kellerwessel, Aachen
WL Winfried Löffler, Innsbruck
WM Wolfgang Meckel, Butzbach
WN Wolfgang Neuser, Kaiserslautern
WP Wolfgang Pleger, Cochem/Dohr
WS Werner Schüßler, Trier
WST Wolfgang Struck, Erfurt
WSU Wolfgang Schulz, Tübingen
WvH Wolfram von Heynitz, Weiburg

Herausgegeben von Peter Prechtl (†) und Franz-Peter Burkard.

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