Metzler Lexikon Philosophie: Dualismus in der Philosophie des Geistes
In der analytischen Philosophie des Geistes haben insbesondere Thomas Nagel und Frank Jackson geltend gemacht, dass eine vollständige physikalistische Erfassung phänomenaler Erfahrungen nicht möglich ist. Selbst wenn eine komplette Kenntnis eines Menschen aus der Dritten-Person-Perspektive gegeben wäre (seine/ihre vollständige physikalische, chemische, neurophysiologische etc. Zusammensetzung), würde man immer noch nicht wissen, wie eine Person S z.B. eine farbige Blumenwiese erlebt (›what it’s like to be‹). Frank Jackson hat diese Auffassung mit dem so genannten ›Wissensargument‹ zu verdeutlichen versucht: Man stelle sich eine brillante Farbwissenschaftlerin vor, Mary, die in einem schwarz-weißen Labor arbeitet und mit Hilfe modernster Technik alles über Farben und Farbwahrnehmungen lernt, was man mit den Mitteln der Naturwissenschaft diesbezüglich lernen kann. Wenn sie jedoch den Raum das erste Mal verlässt, den sie vorher auch nie verlassen hatte, dann lernt sie etwas Neues kennen, nämlich wie es z.B. ist, eine rote Tomate oder grüne Gurke usw. zu sehen. Lernt Mary tatsächlich im strengen Sinne neue Tatsachen über Farben kennen, wenn sie den Raum verlässt, dann scheint das Argument (bzw. Gedankenexperiment) physikalistische Theorien im Hinblick auf das Leib-Seele Problem zu widerlegen, und ein ontologischer D. wäre somit zutreffend. Dieses Gedankenexperiment hat zu lang anhaltenden Forschungs-Kontroversen geführt (erlangt Mary vielleicht nur eine neue Fähigkeit?), und ist mit dem Epiphänomenalismus als einer Spielart des D. durchaus kompatibel. Für zeitgenössische Vertreter des D. in der Philosophie des Geistes wie David J. Chalmers ist das Wissensargument lediglich ein, wenn auch wichtiges, Element zur Begründung einer dualistischen Bewusstseinstheorie. Für Chalmers besteht das »harte Problem« des Bewusstseins in der Frage, warum die informationsverarbeitenden Prozesse des Gehirns von der Erfahrung einer inneren Erlebnisqualität begleitet sind. Anders als Descartes, der in seiner Entgegensetzung von res cogitans und res extensa einen Substanzendualismus vertrat, verteidigt Chalmers einen Eigenschaftsdualismus, der besagt, dass Bewusstseinserfahrungen Eigenschaften involvieren, die in physischen Eigenschaften nicht logisch enthalten sind, obwohl phänomenale Erfahrungen durchaus gesetzmäßig von physischen Eigenschaften abhängen können. Zeitgenössische Vertreter eines interaktionistischen Substanzendualismus wie John Foster sind insbesondere mit Einwänden konfrontiert, die das Eingreifen des nicht-materiellen Geistes in eine durch Gesetze bestimmte physische Welt betreffen. Foster entwickelt deshalb eine Theorie mentaler Verursachung, in der die materialistische Idee einer kausalen Geschlossenheit der physikalischen Welt aufgeben wird.
Literatur:
- D. J. Chalmers: The Conscious Mind. In Search of a Fundamental Theory. New York/Oxford 1996
- John Foster: The Immaterial Self. A defence of the Cartesian dualist conception of the mind. London/New York 1996
- F. Jackson: Epiphenomenal qualia. In: Philosophical Quaterly 32 (1982). S. 127–36
- Th. Nagel: What is it like to be a bat? In: Philosophical Review 83 (1974). S. 435–50.
CT
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