Metzler Lexikon Philosophie: Gottesbeweis
G.e beziehen sich auf das Sein Gottes, wie es ihm nach den Aussagen in der Bibel zugesprochen wird. Dabei ist immer zu berücksichtigen, dass Gott nicht in derselben Weise in der Welt existiert wie die Dinge der physischen Welt. Aus diesem Grund haben die G.e immer einen metaphysischen Charakter. G. e treten verstärkt dort auf, wo in den Religionen ein rationales Element hervortritt. Dabei wird der Glaube mittels G.en durch die Vernunft vorbereitet und untermauert. Diese sollen nicht den eigentlichen Glauben erzeugen. – im Wesentlichen sind der ontologische, der kosmologische, der physiko-theologische oder teleologische sowie der historische und der moralische G. bekannt. Der zumeist auf Anselm v. Canterbury zurückgeführte ontologische G. versucht von der Denkbarkeit eines höchsten vollkommensten Wesens auf seine Existenz zu schließen. In der Antike schon hat man sich des kosmologischen G.es bedient, der die Zufälligkeit und Bedingtheit des Universums auf einen vollkommenen Schöpfer und unbedingten Anfang zurückführt. Der physiko-theologische oder teleologische G. vermutet hinter der Zielgerichtetheit und Ordnung der Natur einen planvollen, weisen Schöpfer. All diese G.e hat schließlich Kant verworfen und an dessen Stelle den moralischen G. gesetzt. Dieser sei ein notwendiges moralisches Postulat, um der Verbindlichkeit moralischer Forderungen Allgemeingültigkeit verleihen zu können. Von einem historischen G. spricht man dort, wo aus der zu allen Zeiten und bei allen Völkern vorhandenen Gottesidee auf die Wirklichkeit Gottes geschlossen wird.
KJG
In der Kritik am ontologischen G. geht es vor allem um die Fragen, ob die überlieferten Beweise logisch korrekt sind und in welchem Sinne »existieren« als ein Prädikat fungieren kann. G. Frege kritisiert den ontologischen G. im Rahmen seiner Analyse des Existenzprädikats. Nach Frege ist Existenz in erster Linie eine Eigenschaft von Begriffen und nicht von Gegenständen. So wird in dem Satz »Pferde existieren« nicht die Existenz von Pferden, sondern vielmehr die Existenz vom Begriff des Pferdes prädiziert, nämlich die Eigenschaft, dass der Begriff »Pferd« nicht leer ist, d.h. dass es Gegenstände gibt, die unter ihn fallen. In Entsprechung zur Unterscheidung zwischen Begriffen erster Stufe, die sich auf Gegenstände beziehen, und Begriffen zweiter Stufe, unter die Begriffe erster Stufe fallen, unterscheidet Frege Eigenschaften erster Stufe von solchen zweiter Stufe, die Begriffen erster Stufe zukommen. Dem Cartesianischen ontologischen G. wirft Frege nun vor, diesen Unterschied missachtet und Existenz als einen Begriff erster Stufe aufgefasst zu haben, insofern in dem G. die Existenz des Gegenstands Gott ausgesagt werde. Nach Frege sind aber nur solche Existenzbehauptungen sinnvoll, an deren Subjektstelle Eigennamen von Begriffen und nicht etwa von Gegenständen stehen, und zwar deshalb, weil ihm zufolge »Existenz« nichts anderes darstellt als das Fallen eines Begriffs unter den höheren Begriff (zweiter Stufe) des Erfüllt-seins. Freges Analyse ist allerdings umstritten (Barnes). Unabhängig davon, ob es sich bei dem Existenzprädikat nun um einen Begriff erster Stufe oder zweiter Stufe handelt, so scheint sich Freges Auffassung, singuläre Existenzsätze seien sinnlos, nicht halten zu lassen. Somit ist auch der Satz »Gott existiert« jedenfalls ein sinnvoller Satz, was freilich noch nichts darüber besagt, ob mit dem Eigennamen »Gott« tatsächlich etwas bezeichnet wird. Im Unterschied zur Cartesianischen scheint es sich bei der von Anselm von Canterbury formulierten Version des G.es um ein reductio-Argument zu handeln, mit dem er zu zeigen versucht, dass die Behauptung, der zufolge Gott zwar denkbar sei, aber nicht existiere, widersprüchlich sei.
JH
Lit: R. M. Adams: The Logical Structure of Anselm’s Arguments. In: Philosophical Review 80 (1971). S. 28–54. – Th. v. Aquin: Die Gottesbeweise in der »Summe gegen die Heiden« und der »Summe der Theologie«. Lat.-dt. hg. H. Seidel. Hamburg 1986. – J. Barnes: The Ontological Argument. London 1972. – G. Frege: Über Begriff und Gegenstand. In: G. Patzig (Hg.): G. Frege. Funktion, Begriff, Bedeutung. Göttingen 1966. S. 66–80. – W. L. Gombocz: Über E!. Zur Semantik des Existenzprädikats und des ontologischen Argumentes für Gottes Existenz von Anselm von Canterbury. Wien 1974. – F. v. Ricken: Klassische Gottesbeweise in der Sicht der gegenwärtigen Logik und Wissenschaftstheorie. Stuttgart 21998. – W. Weischedel: Der Gott der Philosophen. Darmstadt 21972.
KJG/JH
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