Metzler Lexikon Philosophie: Identifizierung
Innerhalb der sprachanalytischen Diskussion über die Bezugnahme von Eigennamen, singulären Termini und Kennzeichnungen auf Einzelgegenstände bedeutet I., dass man mittels gewisser Ausdrücke auf Gegenstände Bezug nehmen kann. Bei der demonstrativen I. zeigt man unter Verwendung eines deiktischen Ausdrucks (»dieses hier«) auf den gemeinten Gegenstand. Da der Ausdruck »dies« allein nicht deutlich macht, was es ist, das gemeint ist, muss der deiktische Ausdruck mit einem sortalen Prädikat verbunden werden, das die räumliche Konfiguration von Gegenständen einer bestimmten Art angibt und dadurch Identitäts- und Zählbarkeitskriterien für Gegenstände dieser Art bestimmt. Die I. eines Gegenstandes durch Eigennamen gelingt nur dann, wenn man in der Lage ist, den Namen durch Beschreibungen abzustützen. Da die Beschreibungen im Wesentlichen allgemein sind, gelingt eine I. im eigentlichen Sinn erst dann, wenn die Kennzeichnung durch eine solche Kennzeichnung abgestützt wird, die die raum-zeitliche Entfernung zwischen dem gemeinten Gegenstand und einem demonstrativ identifizierbaren Gegenstand angibt. Die Auffassung, dass ein sprachlicher Ausdruck insofern Bedeutung hat, als er sich auf einen ganz bestimmten Gegenstand bezieht, wird von Strawson und Tugendhat in der Weise rekonstruiert, dass der Bezug auf einen Gegenstand gekoppelt wird mit der Funktion des Ausdrucks, diesen Gegenstand aus anderen herauszugreifen, d.h. ihn zu identifizieren (bzw. zu spezifizieren). Die Funktion des singulären Terms in einer prädikativen Behauptung besteht genau in dieser Funktion, nämlich anzugeben, welcher Gegenstand gemeint ist bzw. von welchem Gegenstand der Sprecher etwas prädiziert. Die von Strawson und Tugendhat weiterführende Frage ist, wie leistet der Ausdruck eine solche I.? Die Referenz wird nicht als eine vorgegebene Relation zwischen sprachlichen Ausdrücken und Gegenständen der Welt aufgefasst, sondern als ein Sich-beziehen eines Sprechers, als Tätigkeit des deskriptiven Sprechens. Eine I. geschieht dadurch, dass mit Hilfe bestimmter Ausdrücke »Einheiten« von der Umgebung abgesondert und voneinander unterschieden werden können. Solche Ausdrücke werden im Gefolge Strawsons als sortale Ausdrücke bezeichnet. D.h. die grundlegende demonstrative I., die dadurch geschieht, dass ein Gegenstand in der unmittelbaren Umgebung der Gesprächspartner herausgegriffen wird, sind durch die sortalen Ausdrücke zu ergänzen. Mit ihnen sind die Kriterien des Identifizierens und Unterscheidens gekoppelt, gleichermaßen sind sie für die Konstituierung der Gegenstände ausschlaggebend. Die sortalen Ausdrücke, die für die individualisierende (und damit identifizierende) Funktion verwendet werden, lassen sich dadurch charakterisieren, dass sie (a) in der Subjektposition (d.i. substantivische Verwendung) vorkommen, (b) eine Art und Sorte von Dingen kennzeichnen (z.B. wird durch den sortalen Ausdruck »Kuh« vorgezeichnet, was alles zu einem so bezeichneten Gegenstand gehört), (c) die Möglichkeit der Pluralbildung (verweist auf die Zählbarkeit als notwendige und hinreichende Bedingung dafür, dass man sinnvoll von einzelnen Dingen einer Sorte sprechen kann). Hat jemand den Sinn eines sortalen Ausdrucks verstanden, so hat er das Prinzip erfasst, das es ihm erlaubt, die Dinge, auf die er sich bezieht, zu identifizieren, d.h. voneinander zu unterscheiden und zu zählen. Die sortalen Ausdrücke geben – nach Strawson und Tugendhat – die Kriterien der I. an.
Literatur:
- W. Carl: Existenz und Prädikation. München 1974
- E. Runggaldier: Zeichen und Bezeichnetes. Berlin/New York 1985. S. 95 ff
- P. Strawson: Einzelding und logisches Subjekt. Stuttgart 1972. S. 17–74
- E. Tugendhat: Vorlesungen zur Einführung in die sprachanalytische Philosophie. Frankfurt 1976. 20.-27. Vorlesung. S. 341–496 – U. Wolf (Hg.): Eigennamen. Dokumentation einer Kontroverse. Frankfurt 1985. S. 9–41.
PP
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.