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Metzler Lexikon Philosophie: Liebe

erschließt als geistsinnlicher Totalakt des Menschen Personen, auch die eigene, und nichtpersonales Seiendes als wert und würdig, um seiner selbst willen da zu sein. So treffen sich in der L. Erkenntnis und Anerkenntnis. Aus ihnen als Akten der Erkenntnis und des Willens wachsen die verschiedenen Weisen des Engagements, der Solidarität und Kreativität der L. Scheler vertritt die These, die der L. eigentümliche Kreativität beginne schon im Blick, mit welchem sie vor allem dem anderen Menschen begegnet. Sie lässt nämlich an ihm bisher nicht vorhandene Wertqualitäten hervortreten. Darin zeigt sich: L. will dem, was sie liebt, Zukunft eröffnen. Daher kann in ihr, wie G. Marcel betont hat, eine Hoffnung für das Geliebte frei werden, die über den Tod hinausgeht: Lieben heißt sagen, du sollst leben und nicht untergehen. L. sucht in einigen ihrer Formen das Verweilen beim Geliebten und die Vereinigung mit ihm. Damit ist nicht nur die sexuelle Vereinigung gemeint, sondern eine gemeinsame Lebensform. Sie kann nur verwirklicht werden, wenn in der Beziehung von Ich und Du etwas von Person zu Person mitgeteilt wird, an dem beide miteinander teilhaben können. Menschen, welche in einer nicht den anderen wie eine Sache besitzenden L. für einander offen sind, erfahren nach Marcel eine zweifache Präsenz: Die des anderen Menschen und in ihr die des die Menschen übersteigenden und zugleich umgreifenden Seins selbst. In ähnlichem Sinn spricht M. Buber von der »ontischen Partizipation« der »wesentlichen Beziehung«. In ihr wird im Miteinander Unbegrenztes und Unbedingtes erfahren. L. darf also nicht mit einem bloßen Gefühl verwechselt werden, wenn auch starke Gefühlsbewegungen wie Sympathie, leidenschaftliche Zuneigung, Wohlgefallen, Bewunderung, Freude usw. mit ihr verbunden sein können. In diesen Gestimmtheiten wird uns die Übereinstimmung mit dem, was wir lieben, zur in uns selbst erfahrbaren Befindlichkeit.

L. vollzieht sich immer als Lieben eines Geliebten. Darin geht der Mensch über sich hinaus. Zugleich bejaht und sucht er sich aber auch darin. Und doch meint L. das Wollen des Guten für einen anderen um seiner selbst willen. Die Spannung von Selbstliebe und selbstloser Zuwendung zum anderen findet sich bereits in der aristotelischen Lehre von der Freundschaft. Auf dem Hintergrund des biblischen Doppelgebotes der Gottes- und Nächstenliebe trat sie auch im philosophischen Denken noch schärfer hervor. Die L. als Agape bedeutet für den christlichen Glauben das absolute Sein Gottes selbst und wird von daher auch im Trinitätsglauben wirksam. Wo er philosophisch reflektiert wird, erscheint die Einheit Gottes nicht nur als die des Einen gegenüber den Vielen, sondern als die im Band der L. vollzogene innergöttliche Kommunikation (Thomas von Aquin) oder als die Einheit, in der Entgegengesetztes ohne differenzloses Verfließen zur Einheit findet (Hegel). – Vorher trat L. in den Horizont philosophischen Denkens bereits bei Empedokles als Prinzip der Vereinigung ein. Durch sie finden die getrennten Elemente in den Gestalten der Welt zusammen im Gegenzug zum auflösenden Streit. So wird L. zur kosmischen Macht. Dieses Gewicht behält sie auch in Platons Symposion, einem Höhepunkt philosophischen Denkens über L. Der Eros, die L., wirkt Zeugung und Geburt im Schönen. Für Platon ist es das »Vollendetste und schlechthin Selige«: Auf es als das Urschöne, durch das alles andere schön ist, richtet sich der Eros. Dieser gilt Platon als Dämon, d.h. als ein Mittleres und als Vermittler zwischen Göttern und Menschen. – Platons Auffassung von L. wurde – unter verschiedenen Abwandlungen – eine große Wirkungsgeschichte bis in die Goethezeit zuteil.

Literatur:

  • G. Gebhardt/Ph. Seiff (Hg.): Was heißt Liebe? Frankfurt 1982
  • G. Krüger: Einsicht und Leidenschaft. Frankfurt 31963
  • A. Kuhn: Liebe. Geschichte eines Begriffs. München 1972
  • G. Marcel: Das ontologische Geheimnis. Stuttgart 1961
  • J. Pieper: Über die Liebe. München 1972
  • M. Scheler: Ges. Werke, Bd. 5 u. 7. Bern 1954 u. 1972.
  • Die Autoren
AA Andreas Arndt, Berlin
AB Andreas Bartels, Paderborn
AC Andreas Cremonini, Basel
AD Andreas Disselnkötter, Dortmund
AE Achim Engstler, Münster
AG Alexander Grau, Berlin
AK André Kieserling, Bielefeld
AM Arne Malmsheimer, Bochum
AN Armin Nassehi, München
AR Alexander Riebel, Würzburg
ARE Anne Reichold, Kaiserslautern
AS Annette Sell, Bochum
AT Axel Tschentscher, Würzburg
ATA Angela T. Augustin †
AW Astrid Wagner, Berlin
BA Bernd Amos, Erlangen
BBR Birger Brinkmeier, Münster
BCP Bernadette Collenberg-Plotnikov, Hagen
BD Bernhard Debatin, Berlin
BES Bettina Schmitz, Würzburg
BG Bernward Gesang, Kusterdingen
BI Bernhard Irrgang, Dresden
BK Bernd Kleimann, Tübingen
BKO Boris Kositzke, Tübingen
BL Burkhard Liebsch, Bochum
BR Boris Rähme, Berlin
BS Berthold Suchan, Gießen
BZ Bernhard Zimmermann, Freiburg
CA Claudia Albert, Berlin
CH Cornelia Haas, Würzburg
CHA Christoph Asmuth, Berlin
CHR Christa Runtenberg, Münster
CI Christian Iber, Berlin
CJ Christoph Jäger, Leipzig
CK Christian Kanzian, Innsbruck
CL Cornelia Liesenfeld, Augsburg
CLK Clemens Kauffmann, Lappersdorf
CM Claudius Müller, Nehren
CO Clemens Ottmers, Tübingen
CP Cristina de la Puente, Stuttgart
CS Christian Schröer, Augsburg
CSE Clemens Sedmak, Innsbruck
CT Christian Tewes, Jena
CZ Christian Zeuch, Münster
DG Dorothea Günther, Würzburg
DGR Dorit Grugel, Münster
DH Detlef Horster, Hannover
DHB Daniela Hoff-Bergmann, Bremen
DIK Dietmar Köveker, Frankfurt a.M.
DK Dominic Kaegi, Luzern
DKÖ Dietmar Köhler, Witten
DL Dorothea Lüddeckens, Zürich
DP Dominik Perler, Berlin
DR Dane Ratliff, Würzburg und Austin/Texas
EE Eva Elm, Berlin
EJ Eva Jelden, Berlin
EF Elisabeth Fink, Berlin
EM Ekkehard Martens, Hamburg
ER Eberhard Rüddenklau, Staufenberg
EWG Eckard Wolz-Gottwald, Davensberg
EWL Elisabeth Weisser-Lohmann, Bochum
FBS Franz-Bernhard Stammkötter, Bochum
FG Frank Grunert, Basel
FPB Franz-Peter Burkard, Würzburg
FW Fabian Wittreck, Münster
GK Georg Kneer, Leipzig
GKB Gudrun Kühne-Bertram, Ochtrup
GL Georg Lohmann, Magdeburg
GM Georg Mildenberger, Tübingen
GME Günther Mensching, Hannover
GMO Georg Mohr, Bremen
GN Guido Naschert, Tübingen
GOS Gottfried Schwitzgebel, Mainz
GS Georg Scherer, Oberhausen
GSO Gianfranco Soldati, Tübingen
HB Harald Berger, Graz
HD Horst Dreier, Würzburg
HDH Han-Ding Hong, Düsseldorf
HG Helmut Glück, Bamberg
HGR Horst Gronke, Berlin
HL Hilge Landweer, Berlin
HND Herta Nagl-Docekal, Wien
HPS Helke Pankin-Schappert, Mainz
HS Herbert Schnädelbach, Berlin
IR Ines Riemer, Hamburg
JA Johann S. Ach, Münster
JC Jürgen Court, Köln
JH Jörg Hardy, Münster
JHI Jens Hinkmann, Bad Tölz
JK Jörg Klawitter, Würzburg
JM Jörg F. Maas, Hannover
JOP Jeff Owen Prudhomme, Macon/Georgia
JP Jörg Pannier, Münster
JPB Jens Peter Brune
JQ Josef Quitterer, Innsbruck
JR Josef Rauscher, Mainz
JRO Johannes Rohbeck, Dresden
JS Joachim Söder, Bonn
JSC Jörg Schmidt, München
JV Jürgen Villers, Aachen
KDZ Klaus-Dieter Zacher, Berlin
KE Klaus Eck, Würzburg
KG Kerstin Gevatter, Bochum
KH Kai-Uwe Hellmann, Berlin
KHG Karl-Heinz Gerschmann, Münster
KHL Karl-Heinz Lembeck, Würzburg
KJG Klaus-Jürgen Grün, Frankfurt a.M.
KK Klaus Kahnert, Bochum
KRL Karl-Reinhard Lohmann, Witten
KS Kathrin Schulz, Würzburg
KSH Klaus Sachs-Hombach, Magdeburg
LG Lutz Geldsetzer, Düsseldorf
LR Leonhard Richter, Würzburg
MA Mauro Antonelli, Graz
MB Martin Beisler, Gerbrunn
MBI Marcus Birke, Münster
MBO Marco Bonato, Tübingen
MD Max Deeg, Cardiff
MDB Matthias Bloch, Bochum
ME Michael Esfeld, Münster
MFM Martin F. Meyer, Koblenz/Landau
MK Matthias Kunz, München
MKL Martin Kleinsorge, Aachen
MKO Mathias Koßler, Mainz
ML Mark Lekarew, Berlin
MLE Michael Leibold, Würzburg
MM Matthias Maring, Karlsruhe
MN Marcel Niquet, Frankfurt a.M.
MQ Michael Quante, Köln
MR Mathias Richter, Berlin
MRM Marie-Luise Raters-Mohr, Potsdam
MS Manfred Stöckler, Bremen
MSI Mark Siebel, Hamburg
MSP Michael Spang, Ellwangen
MSU Martin Suhr, Hamburg
MW Markus Willaschek, Münster
MWÖ Matthias Wörther, München
NM Norbert Meuter, Berlin
OB Oliver Baum, Bochum
OFS Orrin F. Summerell, Bochum
PE Peter Eisenhardt, Frankfurt a.M.
PCL Peter Ch. Lang, Frankfurt a.M.
PK Peter Kunzmann, Jena
PN Peter Nitschke, Vechta
PP Peter Prechtl †
RD Ruth Dommaschk, Würzburg
RDÜ Renate Dürr, Karlsruhe
RE Rolf Elberfeld, Hildesheim
REW Ruth Ewertowski, Stuttgart
RH Reiner Hedrich, Gießen
RHI Reinhard Hiltscher, Stegaurach
RK Reinhard Kottmann, Münster
RL Rudolf Lüthe, Koblenz
RLA Rolf-Jürgen Lachmann, Berlin
RM Reinhard Mehring, Berlin
RP Roland Popp, Bremen
RS Regina Srowig, Würzburg
RTH Robert Theis, Strassen
RW Raymund Weyers, Köln
SD Steffen Dietzsch, Berlin
SIK Simone Koch, Bochum
SP Stephan Pohl, Dresden
SZ Snjezana Zoric, Würzburg
TB Thomas Bausch, Berlin
TBL Thomas Blume, Dresden
TF Thomas Friedrich, Mannheim
TG Thomas Grundmann, Köln
TH Thomas Hammer, Frankfurt a.M.
TK Thomas Kisser, München
TM Thomas Mormann, Unterhaching
TN Thomas Noetzel, Marburg
TP Tony Pacyna, Jena
TW Thomas Welt, Bochum
UB Ulrich Baltzer, München
UT Udo Tietz, Berlin
UM Ulrich Metschl, München/Leonberg
VG Volker Gerhardt, Berlin
VM Verena Mayer, München
VP Veit Pittioni, Innsbruck
VR Virginie Riant, Vechta
WAM Walter Mesch, Heidelberg
WB Wilhelm Baumgartner, Würzburg
WH Wolfram Hinzen, Bern
WJ Werner Jung, Duisburg
WK Wulf Kellerwessel, Aachen
WL Winfried Löffler, Innsbruck
WM Wolfgang Meckel, Butzbach
WN Wolfgang Neuser, Kaiserslautern
WP Wolfgang Pleger, Cochem/Dohr
WS Werner Schüßler, Trier
WST Wolfgang Struck, Erfurt
WSU Wolfgang Schulz, Tübingen
WvH Wolfram von Heynitz, Weiburg

Herausgegeben von Peter Prechtl (†) und Franz-Peter Burkard.

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