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Metzler Lexikon Philosophie: Modelltheorie

Bereich der Metamathematik und mathematischen Logik, der sich mit der Beziehung von Aussagen bzw. Aussagemengen einer formalen Sprache und diese interpretierenden Objektbereichen befasst. Aufgrund ihrer engen Verbindung mit weiteren mathematischen Teilgebieten, bes. der axiomatischen Mengentheorie und der Algebra, ist die M. ein wichtiger Fall einer auf mengentheoretischer Grundlage entwickelten formalen Semantik.

Als eigenständiges Forschungsgebiet ist die M. Anfang der fünfziger Jahre v.a. aus verschiedenen Arbeiten A. Tarskis hervorgegangen. Wichtige Beiträge stammen ferner u. a. von L. Henkin, A. Robinson sowie R. Vaught, später auch von S. Kochen, P. Lindström und P. Cohen. Grundlegende Ideen der M. lassen sich allerdings bis in die dreißiger Jahre zu Arbeiten von Tarski, Gödel und Skolem zurückverfolgen. Als erstes modelltheoretisches Resultat der modernen Logik überhaupt gilt das in seiner ursprünglichen Form bereits 1915 bewiesene Löwenheim-Skolem-Theorem.

Den Schwerpunkt der M. bilden Untersuchungen von formalen Theorien erster Stufe (die in Sprachen mit ausschließlicher Quantifikation über Individuenvariablen formuliert sind) und diesen entsprechenden Strukturen bzw. Modellen. Für eine einfache prädikatenlogische Sprache £ erster Stufe, deren nicht-logische Konstanten durch die Familie

i>i∈I von Prädikatkonstanten gegeben sind, wobei für i ∈ I mi ∈ IN die Stellenzahl von Pi ist, besteht eine £-Struktur ℭ = <A, <Ri;>i∈I> aus einer nicht-leeren Menge A, dem Individuenbereich (engl. universe of discourse), und einer Familie <Ri;>i∈I, so dass (für i ∈ I) Ri eine mi-stellige Relation auf A ist. Eine Variablenbelegung β ist eine Funktion auf der Menge der Individuenvariablen, so dass für jede Individuenvariable v von £ β(v) ∈ A.

Die semantisch grundlegende Erfüllungsrelation: die £-Struktur ℭ = < A, <Ri>i∈I> erfüllt die Formel A von £ unter der Variablenbelegung β − ℭ,β ⊩ A –, wird rekursiv wie folgt definiert:

(i) ℭ, β ⊩ Pi(v1,...,vn) gdw <β(v1),...,β(vn)> ∈ Ri

(ii) ℭ, β ⊩ ¬B gdw nicht ℭ, β ⊩ B

(iii) ℭ, β ⊩ B∧C gdw ℭ, β ⊩ B und ℭ, β ⊩ C

(iv) ℭ, β ⊩ ∀vi(B) gdw ℭ, β' ⊩ B für alle Variablenbelegungen β', die sich von β höchstens in dem Wert β'(vi) unterscheiden (die Erfülllung von B ist somit unabhängig von dem speziellen Wert für vi und gilt deshalb für alle x ∈ A).

Die Formel A ist wahr in der Struktur ℭ, wenn ℭ unter beliebiger Belegung β A erfüllt. Insbesondere ist die Erfüllung geschlossener Formeln, also solcher ohne freie Variablen, unabhängig von speziellen Belegungen. Ist A wahr in ℭ, so heißt ℭ Modell für A. ℭ ist ein Modell für eine Formelmenge Σ, wenn ℭ Modell ist für jedes A ∈ Σ. Ferner heißt eine Formel logisch gültig, wenn jede Struktur ℭ ein Modell für A ist. – Durch Berücksichtigung von weiteren nicht-logischen Konstanten für Individuen oder Funktionen lassen sich diese Bestimmungen auch auf reichhaltigere prädikatenlogische Sprachen übertragen. Dabei ist gegebenenfalls der induktive Termaufbau zu berücksichtigen. Alternativ können Strukturen dargestellt werden als geordnete Paare <A, I>, bestehend aus der (nicht-leeren) Menge A und einer Interpretationsfunktion I, die den nicht-logischen Konstanten von £ eine typgerechte Extension zuordnet (z.B. durch die Forderung, dass für Pi: I(Pi) = Ri). – Gegenstand der M. ist dann die Frage, welche Modellklasse (d.h. Menge von (nichtisomorphen) Modellen) durch eine gegebene Menge von Aussagen einer Sprache £ bestimmt wird bzw. umgekehrt, durch welche Aussagen ein Modell oder eine Modellklasse charakterisiert wird (Definierbarkeit). Ein wichtiger Begriff für erstere Fragestellung, der eine Art Vollständigkeit ausdrückt, ist Kategorizität. Eine Menge Σ von Formeln von £ heißt kategorisch, wenn je zwei Modelle für Σ isomorph sind.

Grundlegende Ergebnisse der M. im Rahmen dieser Fragestellungen für Sprachen erster Stufe sind das Löwenheim-Skolem-Theorem, wonach eine Theorie, die ein Modell mit unendlichem Individuenbereich besitzt, ein abzählbar unendliches Modell besitzt, sowie das Theorem von Morley, wonach eine (abzählbare) Theorie, die kategorisch bezüglich der Modelle mit einem Individuenbereich von einer überabzählbaren Kardinalität a ist, kategorisch bezüglich der Modelle von beliebiger überabzählbarer Kardinalität ist. – Von Bedeutung ist ferner das sog. Kompaktheitstheorem, das besagt, dass eine (abzählbare) Theorie Σ ein Modell besitzt genau dann, wenn jede endliche Teilmenge von Σ ein Modell besitzt. Eine modelltheoretische Charakterisierung der Logik erster Stufe wird durch ein Ergebnis von Lindström erbracht, wonach in einem abstrakten Sinn die Logik erster Stufe vollständig durch das Löwenheim-Skolem-Theorem und den Kompaktheitssatz charakterisiert ist. Diese und weitere Ergebnisse beruhen wesentlich auf der Konstruktion von Modellen, bei der insbesondere Methoden der universellen Algebra (z.B. algebraische Produkte) Anwendung finden.

Die M. leistet auch für die semantische Darstellung nicht-klassischer Logiken einen wichtigen Beitrag, so etwa für die Modallogik in Gestalt der Mögliche-Welten-Semantik (Intensionale Semantik). Darüber hinaus fanden grundlegende Ideen der M. in der Philosophie wegen der mit ihnen verbundenen formalen Darstellung des Wahrheitsbegriffs Beachtung. Für die Realismus-Antirealismusdebatte in der analytischen Philosophie erwiesen sich ferner modelltheoretische Ununterscheidbarkeitsresultate wie das Löwenheim-Skolem-Theorem als bedeutsam.

Literatur:

  • J. Addison/L. Henkin/A. Tarski (eds.): The Theory of Models. Amsterdam 1965
  • J. Barwise/S. Feferman (eds.): Model-Theoretic Logics. Berlin/New York 1985
  • J. Bell/A. Slomson: Models and Ultraproducts. Amsterdam 21974
  • C. Chang/H. Keisler: Model Theory. Amsterdam 31990
  • W. Hodges: A Shorter Model Theory. Cambridge 1997
  • W. Schwabhäuser: Modelltheorie I, II. Mannheim 1971.
  • Die Autoren
AA Andreas Arndt, Berlin
AB Andreas Bartels, Paderborn
AC Andreas Cremonini, Basel
AD Andreas Disselnkötter, Dortmund
AE Achim Engstler, Münster
AG Alexander Grau, Berlin
AK André Kieserling, Bielefeld
AM Arne Malmsheimer, Bochum
AN Armin Nassehi, München
AR Alexander Riebel, Würzburg
ARE Anne Reichold, Kaiserslautern
AS Annette Sell, Bochum
AT Axel Tschentscher, Würzburg
ATA Angela T. Augustin †
AW Astrid Wagner, Berlin
BA Bernd Amos, Erlangen
BBR Birger Brinkmeier, Münster
BCP Bernadette Collenberg-Plotnikov, Hagen
BD Bernhard Debatin, Berlin
BES Bettina Schmitz, Würzburg
BG Bernward Gesang, Kusterdingen
BI Bernhard Irrgang, Dresden
BK Bernd Kleimann, Tübingen
BKO Boris Kositzke, Tübingen
BL Burkhard Liebsch, Bochum
BR Boris Rähme, Berlin
BS Berthold Suchan, Gießen
BZ Bernhard Zimmermann, Freiburg
CA Claudia Albert, Berlin
CH Cornelia Haas, Würzburg
CHA Christoph Asmuth, Berlin
CHR Christa Runtenberg, Münster
CI Christian Iber, Berlin
CJ Christoph Jäger, Leipzig
CK Christian Kanzian, Innsbruck
CL Cornelia Liesenfeld, Augsburg
CLK Clemens Kauffmann, Lappersdorf
CM Claudius Müller, Nehren
CO Clemens Ottmers, Tübingen
CP Cristina de la Puente, Stuttgart
CS Christian Schröer, Augsburg
CSE Clemens Sedmak, Innsbruck
CT Christian Tewes, Jena
CZ Christian Zeuch, Münster
DG Dorothea Günther, Würzburg
DGR Dorit Grugel, Münster
DH Detlef Horster, Hannover
DHB Daniela Hoff-Bergmann, Bremen
DIK Dietmar Köveker, Frankfurt a.M.
DK Dominic Kaegi, Luzern
DKÖ Dietmar Köhler, Witten
DL Dorothea Lüddeckens, Zürich
DP Dominik Perler, Berlin
DR Dane Ratliff, Würzburg und Austin/Texas
EE Eva Elm, Berlin
EJ Eva Jelden, Berlin
EF Elisabeth Fink, Berlin
EM Ekkehard Martens, Hamburg
ER Eberhard Rüddenklau, Staufenberg
EWG Eckard Wolz-Gottwald, Davensberg
EWL Elisabeth Weisser-Lohmann, Bochum
FBS Franz-Bernhard Stammkötter, Bochum
FG Frank Grunert, Basel
FPB Franz-Peter Burkard, Würzburg
FW Fabian Wittreck, Münster
GK Georg Kneer, Leipzig
GKB Gudrun Kühne-Bertram, Ochtrup
GL Georg Lohmann, Magdeburg
GM Georg Mildenberger, Tübingen
GME Günther Mensching, Hannover
GMO Georg Mohr, Bremen
GN Guido Naschert, Tübingen
GOS Gottfried Schwitzgebel, Mainz
GS Georg Scherer, Oberhausen
GSO Gianfranco Soldati, Tübingen
HB Harald Berger, Graz
HD Horst Dreier, Würzburg
HDH Han-Ding Hong, Düsseldorf
HG Helmut Glück, Bamberg
HGR Horst Gronke, Berlin
HL Hilge Landweer, Berlin
HND Herta Nagl-Docekal, Wien
HPS Helke Pankin-Schappert, Mainz
HS Herbert Schnädelbach, Berlin
IR Ines Riemer, Hamburg
JA Johann S. Ach, Münster
JC Jürgen Court, Köln
JH Jörg Hardy, Münster
JHI Jens Hinkmann, Bad Tölz
JK Jörg Klawitter, Würzburg
JM Jörg F. Maas, Hannover
JOP Jeff Owen Prudhomme, Macon/Georgia
JP Jörg Pannier, Münster
JPB Jens Peter Brune
JQ Josef Quitterer, Innsbruck
JR Josef Rauscher, Mainz
JRO Johannes Rohbeck, Dresden
JS Joachim Söder, Bonn
JSC Jörg Schmidt, München
JV Jürgen Villers, Aachen
KDZ Klaus-Dieter Zacher, Berlin
KE Klaus Eck, Würzburg
KG Kerstin Gevatter, Bochum
KH Kai-Uwe Hellmann, Berlin
KHG Karl-Heinz Gerschmann, Münster
KHL Karl-Heinz Lembeck, Würzburg
KJG Klaus-Jürgen Grün, Frankfurt a.M.
KK Klaus Kahnert, Bochum
KRL Karl-Reinhard Lohmann, Witten
KS Kathrin Schulz, Würzburg
KSH Klaus Sachs-Hombach, Magdeburg
LG Lutz Geldsetzer, Düsseldorf
LR Leonhard Richter, Würzburg
MA Mauro Antonelli, Graz
MB Martin Beisler, Gerbrunn
MBI Marcus Birke, Münster
MBO Marco Bonato, Tübingen
MD Max Deeg, Cardiff
MDB Matthias Bloch, Bochum
ME Michael Esfeld, Münster
MFM Martin F. Meyer, Koblenz/Landau
MK Matthias Kunz, München
MKL Martin Kleinsorge, Aachen
MKO Mathias Koßler, Mainz
ML Mark Lekarew, Berlin
MLE Michael Leibold, Würzburg
MM Matthias Maring, Karlsruhe
MN Marcel Niquet, Frankfurt a.M.
MQ Michael Quante, Köln
MR Mathias Richter, Berlin
MRM Marie-Luise Raters-Mohr, Potsdam
MS Manfred Stöckler, Bremen
MSI Mark Siebel, Hamburg
MSP Michael Spang, Ellwangen
MSU Martin Suhr, Hamburg
MW Markus Willaschek, Münster
MWÖ Matthias Wörther, München
NM Norbert Meuter, Berlin
OB Oliver Baum, Bochum
OFS Orrin F. Summerell, Bochum
PE Peter Eisenhardt, Frankfurt a.M.
PCL Peter Ch. Lang, Frankfurt a.M.
PK Peter Kunzmann, Jena
PN Peter Nitschke, Vechta
PP Peter Prechtl †
RD Ruth Dommaschk, Würzburg
RDÜ Renate Dürr, Karlsruhe
RE Rolf Elberfeld, Hildesheim
REW Ruth Ewertowski, Stuttgart
RH Reiner Hedrich, Gießen
RHI Reinhard Hiltscher, Stegaurach
RK Reinhard Kottmann, Münster
RL Rudolf Lüthe, Koblenz
RLA Rolf-Jürgen Lachmann, Berlin
RM Reinhard Mehring, Berlin
RP Roland Popp, Bremen
RS Regina Srowig, Würzburg
RTH Robert Theis, Strassen
RW Raymund Weyers, Köln
SD Steffen Dietzsch, Berlin
SIK Simone Koch, Bochum
SP Stephan Pohl, Dresden
SZ Snjezana Zoric, Würzburg
TB Thomas Bausch, Berlin
TBL Thomas Blume, Dresden
TF Thomas Friedrich, Mannheim
TG Thomas Grundmann, Köln
TH Thomas Hammer, Frankfurt a.M.
TK Thomas Kisser, München
TM Thomas Mormann, Unterhaching
TN Thomas Noetzel, Marburg
TP Tony Pacyna, Jena
TW Thomas Welt, Bochum
UB Ulrich Baltzer, München
UT Udo Tietz, Berlin
UM Ulrich Metschl, München/Leonberg
VG Volker Gerhardt, Berlin
VM Verena Mayer, München
VP Veit Pittioni, Innsbruck
VR Virginie Riant, Vechta
WAM Walter Mesch, Heidelberg
WB Wilhelm Baumgartner, Würzburg
WH Wolfram Hinzen, Bern
WJ Werner Jung, Duisburg
WK Wulf Kellerwessel, Aachen
WL Winfried Löffler, Innsbruck
WM Wolfgang Meckel, Butzbach
WN Wolfgang Neuser, Kaiserslautern
WP Wolfgang Pleger, Cochem/Dohr
WS Werner Schüßler, Trier
WST Wolfgang Struck, Erfurt
WSU Wolfgang Schulz, Tübingen
WvH Wolfram von Heynitz, Weiburg

Herausgegeben von Peter Prechtl (†) und Franz-Peter Burkard.

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