Metzler Lexikon Philosophie: Monismus
(griech. monos: eins, einzig), (1) philosophische Lehre, die im Gegensatz zum Dualismus und Pluralismus eine letzte Wesens-Einheit alles Seienden annimmt, welche seelisch-geistiger Art (spiritualistischer M.) oder materieller Art (materialistischer M.) sein kann. Da sich nach monistischer Betrachtungsweise alles Seiende aus einer letzten Einheit entwickelt oder entwickeln lässt, kann es auch wieder auf diese zurückgeführt werden. Je nach der jeweiligen Konzeption des M. wird die Einheit mehr statisch oder mehr dynamisch, mehr nach dem Vorbild mathematisch-mechanischer Ordnung oder mehr als organisches Leben gesehen. – Monistisches Denken findet sich z.B. in der Alleinheitslehre der Vorsokratiker, der neuplatonischen Emanationslehre, der dt. Mystik, in G. Brunos Ineinssetzung von Gott und Universum, Herders Begriff von Gott als Urkraft aller Kräfte, Schellings Identitätsphilosophie und Hegels Begriff des absoluten Geistes. E. Haeckel nennt seine aus dem Darwinismus hervorgegangene Weltanschauung ausdrücklich M. Sein naturalistischer M. erhebt die physische Substanz zum Inbegriff des Ganzen und verneint die Selbständigkeit und Eigengesetzlichkeit jedes nichtphysischen Seins. Das Seelische ist nach Haeckel den materiellen Grundbestandteilen mitgegeben und funktioniert nach mechanischen Gesetzen. Eine leichte Abwandlung dieser Ansicht bildet der energetische M. von W. Ostwald, der das gesamte geistige Leben als Transformation der Energie ansieht. Der neutrale M. angelsächsischer Philosophen (J. Dewey, W. James, B. Russell) weicht nur geringfügig vom naturalistischen M. ab. Er nimmt einen der Materie und dem Geist zugrundeliegenden bzw. sie überschneidenden Weltstoff an, der in einer bestimmten Anordnung als geistig, in einer anderen als materiell bezeichnet wird.
Literatur:
- R. Eisler: Geschichte des Monismus. Leipzig 1910
- E. Haeckel: Der Monismus als Band zwischen Religion und Wissenschaft. Leipzig 161919
- Ders.: Die Welträtsel. Bonn 1899
- F. Klimke: Der Monismus und seine philosophischen Grundlagen. Freiburg 1911.
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(2) Ontologischer M. – Ausgangspunkt sind die Fragestellungen, ob es verschiedene Seinsweisen gibt, ob es außer Einzeldingen auch noch andere Arten von Gegenständen gibt, ob es ontologisch selbständige Entitäten gibt. Hinsichtlich dieser Fragen lassen sich zwei ontologische Modelle unterscheiden: Als monistische Ontologie bezeichnet man jene Position, die nur eine einzige Entität oder eine einzige Art von Entitäten als selbständig existierend annimmt, als pluralistische Ontologie jene Auffassung, die mehr als eine einzige Entität zulässt (bspw. James: Pragmatism and other Essays). Die monistischen Positionen innerhalb der Ontologie lassen sich wiederum untereinander unterscheiden nach der Art von Entität, die sie jeweils als den einzig realen, d.h. im ontologischen Sinne wirklichen Sachverhalt anerkennen. Repräsentativ für einen substanzontologischen M. steht Spinoza, der einzig die Substanz als realen Sachverhalt identifiziert. Demgegenüber postuliert Hegels begriffsontologischer (oder subjektivitätsontologischer) M., dass die zentrale ontologische Aufgabe nur im Rahmen einer Theorie des Begriffs zu leisten ist. Die durch die Theorie des Begriffs geforderten Bestimmungen zeigen an, was »in Wahrheit« ist.
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(3) Anomaler M. – Diese auf D. Davidson zurückgehende Theorie besteht aus zwei Thesen: (1) Mentale Entitäten (partikuläre raum-zeitliche Objekte und Ereignisse) sind mit physikalischen Entitäten (partikulären raum-zeitlichen Objekten und Ereignissen) identisch; (2) mentale Begriffe (Eigenschaften, Prädikate) sind weder über Naturgesetze noch mittels Definition auf physikalische Begriffe (Eigenschaften, Prädikate) reduzierbar. Davidsons Position ist eine monistische Theorie, da ihr zufolge alle Entitäten physikalische Eigenschaften aufweisen, und daher im ontologischen Sinne reduktiv sind. Anomal ist dieser M., weil zwischen dem Mentalen und dem Physikalischen keine gesetzmäßigen Zusammenhänge bestehen. Davidson hat seinen anomalen M. aus drei Prämissen abgeleitet: (a) Es gibt mentale Verursachung; (b) singuläre Kausalrelationen unterliegen strikten physikalischen Kausalgesetzen; (c) es gibt keine strikten psycho-physischen Gesetze. Nach Davidson, einem der Hauptvertreter der kausalen Handlungstheorie, ist die Annahme der mentalen Verursachung evident. Prämisse (b) ist Bestandteil der Standardauffassung von Kausalität und im Kontext der sprachanalytischen Philosophie des Geistes weitgehend akzeptiert. Die dritte Prämisse, aufgrund derer der anomale M. ein nicht-reduktiver Physikalismus ist, wird von Davidson damit begründet, dass mentale Entitäten (Eigenschaften, Prädikate) irreduzibel normativ sind und daher nicht in mathematisierbaren, strikten Gesetzesaussagen vorkommen können. Eine vierte, von Davidson nicht explizit benannte Prämisse ist seine These, (d) dass Ereignisse irreduzible Einzeldinge sind. – In der Auseinandersetzung um den anomalen M. ist vor allem strittig, ob die These der mentalen Verursachung mit dem Anspruch der begrifflichen und gesetzesmäßigen Nichtreduzierbarkeit vereinbar ist. Außerdem wird Davidsons Ereignisontologie kritisiert.
Literatur:
- R. Eisler: Geschichte des Monismus. Leipzig 1910
- E. Haeckel: Der Monismus als Band zwischen Religion und Wissenschaft. Leipzig 161919
- Ders.: Die Welträtsel. Bonn 1899
- F. Klimke: Der Monismus und seine philosophischen Grundlagen. Freiburg 1911.
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(4) Neutraler M. – B. Russell (The Analysis of Mind) benennt so seine erkenntnistheoretische Auffassung, wonach unsere Wahrnehmungen durch physikalische Ereignisse verursacht sind. Diese Auffassung soll keine weitergehende Behauptung über die ontologische Struktur der Wirklichkeit oder der physikalischen Ereignisse beinhalten. Über diese lässt sich nur ganz allgemein die Aussage machen, dass sie eine raumzeitliche Struktur haben müssen, die der unserer Wahrnehmung entspricht. Von irgendwelchen Qualitäten der physikalischen Ereignisse können wir keine Aussage machen.
PP
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