Metzler Lexikon Philosophie: Ökonomie
(griech. oikos: Haus, Hauswirtschaft) den gesellschaftlichen Bereich der materiellen Produktion und Distribution. Setzt sich mit der Differenzierung von Staat und Gesellschaft im engl./frz. Sprachraum die Bezeichnung politische Ö. (political economy/l’économie politique) durch, so werden in Deutschland eher Begriffe wie National-Ö., Volkswirtschaftslehre etc. eingeführt. Die klassische politische Ö. (A. Smith) versucht die wirtschaftliche Handlungslogik als Konstituente gesellschaftlicher Beziehungen schlechthin zu begreifen. Ö. entsteht in diesem Kontext als umfassende Gesellschaftstheorie und Moralentwurf. Nicht zufällig steht die scheinbare Versöhnung individueller ökonomischer Interessenverfolgung mit allgemeinen, öffentlichen Interessen im Mittelpunkt der Überlegungen (Theorie der »unsichtbaren Hand«). In der Nachfolge Smiths legt D. Ricardo eine erste systematische Faktorentheorie ökonomischer Kalkulation (Profit, Lohn, Bodenrente) und Arbeitswertlehre vor. Gerade an Letztere knüpfen Marx/Engels an, indem sie die Frage nach dem Fundament des in der Produktion entstehenden »Mehrwertes« mit einem Hinweis auf die in die Produktion eingeflossene Arbeitskraft beantworten. Dadurch glauben sie, eine »objektive« ökonomische Grundlage für die Kritik privatkapitalistischer Produktions- und Aneignungsformen zu erhalten. Diese Arbeitswertlehre wird im Hauptstrang ökonomischer Wissenschaft durch eine Theorie des subjektiven Grenznutzens kritisiert (Böhm-Bawerk). Diese Subjektivierung und Relativierung geht mit der Herausbildung einer Verwissenschaftlichung ökonomischer Theorie einher, die sich als Spezialdisziplin jenseits klassischer »politischer« Ansprüche versteht. Ö. wird so zum Gegenstand angeblich reiner Sachnotwendigkeit. M. Weber fordert demgegenüber eine ökonomische Theorie, die sich der Interdependenz von Ö. und Gesellschaft/Staat/Politik bewusst wird. Dieser Verbindung geht eine neue politische Ö. nach, die die offene Analyse wechselseitiger Beziehungen zwischen politischem und ökonomischem System anstrebt. Die neue politische Ö. arbeitet mit einem Modell der rationalen Entscheidung (rational choice) und wendet dieses auf ökonomische und politische Entscheidungen und Handlungen an. So gelingt M. Olson (Logik kollektiven Handelns. Tübingen 1965) eine Kritik pluralistischer Konzepte (Pluralismus) der gegenseitigen Interessenkontrolle. Olson weist nach, dass und warum sich partikulare Interessen leichter durchsetzen als auf kollektive Güter zielende, allgemeine Interessen. Die neue politische Ö. bietet einen Ansatz interdisziplinärer Untersuchung der Verschränkung politischer und ökonomischer Prozesse.
Literatur:
- A. Downs: Ökonomische Theorie der Demokratie. Frankfurt 1957
- J. Elster: Subversion der Rationalität. Frankfurt/New York 1987
- B. S. Frey: Democratic Economic Policy. Oxford 1983.
TN
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