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Metzler Lexikon Philosophie: Pragmatik

Im Rahmen der Grundlegung einer Zeichentheorie unterscheidet Morris zwischen Syntax (d.i. die Lehre von der Zeichenkombinatorik), Semantik (d.i. die Lehre von der Zeichenbedeutung) und P. (d.i. die Lehre von der Zeichenverwendung). Grundlegend für die Erweiterung der Syntax und Semantik ist seine Annahme, dass ein Zeichenprozess sich zusammensetzt aus einem Zeichenträger, dem Bezeichneten (d.i. dem Designat) und Zeichenverwender (bzw. die Beziehung des Zeichens zu seinem Interpreten). Die Erweiterung durch die P. findet Morris bereits in der Semiotik von Peirce begründet. Dessen Definition des Zeichens als dreistellige Relation beinhaltet neben dem materiellen Zeichen und dem Zeichenobjekt als dritte Komponente den Interpretanten. Durch den Terminus »Interpretant« wird angezeigt, dass das Zeichen beim Interpreten eine Handlung oder ein Gefühl hervorruft. Dieses dritte Element des Zeichens macht das Zeichen zu einem Phänomen der Konvention, der Auslegung, der Gesellschaftlichkeit. In diesem Sinne ist die Erklärung, das Zeichen rufe eine Gewohnheit hervor, zu verstehen.

Morris nimmt eine deutliche Akzentverschiebung zugunsten einer behavioristischen Deutung vor, wenn er die P. in ein Reiz-Reaktionsschema einfügt: Der Interpret eines Zeichens ist ein Organismus, der Interpretant die Gewohnheit des Organismus, aufgrund der Anwesenheit des Zeichens auf abwesende Objekte, die für die Bewältigung der jeweiligen Situation relevant sind, so zu reagieren, als ob sie anwesend wären. Er folgt darin G. H. Mead (Geist, Identität und Gesellschaft), wenn er den einzelnen konkreten Zeichenträger als Reiz bestimmt, der den Organismus eine Situation von einer spezifischen Art erwarten lässt und ihn in die Lage versetzt, sich aufgrund dieser Erwartung teilweise im Voraus auf die künftige Entwicklung einzustellen (Morris, S. 54 f.). Das führt zu folgenden Erklärungen der P.: Die Beziehung eines Zeichenträgers zu seinem Designat ist gleichzusetzen mit dem wirklichen Vorgang im Verhalten des Interpreten, der dazu führt, dass der Interpret durch die Reaktion auf die Zeichenträger von einer Klasse von Dingen, den Designaten, Notiz nimmt. Der semantischen Regel entspricht in der pragmatischen Dimension die Gewohnheit des Interpreten, den Zeichenträger unter bestimmten Umständen zu verwenden, bzw. bei dessen Wahrnehmung bestimmte Umstände zu erwarten. Zur Aufgabe der P. gehört die Definition jener Ausdrücke, die innerhalb der Syntax und der Semantik nicht definiert werden können, ebenso die Klärung des pragmatischen Aspekts verschiedener semiotischer Ausdrücke und schließlich die Feststellung, was psychologisch, biologisch und soziologisch beim Auftreten der Zeichen geschieht. Carnap deutet die P. als deskriptiven Bestandteil der Sprache und teilt deren Erforschung empirischen Disziplinen zu.

Der P.-Aspekt der Sprache wurde in verschiedener Hinsicht für weitere Analysen der Sprechakttheorie, der Kontextabhängigkeit, der Sprecherbedeutung und der Struktur des diskursiven Redens relevant: (a) Die von Austin entwickelte Theorie der Sprechakte (Sprechakttheorie) trifft im Hinblick auf die sprachliche Äußerung die Unterscheidung zwischen der Bedeutung und der Rolle (force) einer Aussage. Jeder Äußerung kommt ein Aussageinhalt (Propositionaler Gehalt) und eine spezifische Aussage-Intention (illokutionärer Akt) zu. Jeder Aussageinhalt kann in einem Sprechakt mit verschiedenen Intentionen, die durch die illokutionäre Rolle angezeigt werden, geäußert werden. z.B. kann der Aussageinhalt »der Hund ist bissig« im Sinne einer Feststellung, einer Warnung, einer Empfehlung (als Wachhund) geäußert werden. Der intentionale Charakter der illokutionären Rolle stellt den Aspekt der P. dar. (b) Die semantischen Analysen von Bar-Hillel befassen sich mit solchen Ausdrücken der Sprache, deren Interpretation durch den Kontext ihres Gebrauchs bestimmt ist. Dazu sind Indexausdrücke wie Personalpronomina und Zeitadverbien zu rechnen. Montague setzt diesen Gedanken um in Bezug auf die Analyse von Sprachen, die kontextabhängige Ausdrücke enthalten. z.B. kann damit der semantische Wert von Sätzen als Abbildung der Sprecher-Adressat-Paare auf Wahrheitswerte expliziert werden. (c) Die handlungstheoretische Semantik von Grice untersucht das interaktionale Funktionieren von Verständigung in Gesprächen. Sie benennt dazu eine Reihe von Grundsätzen, die aus den allgemeinen Annahmen über die Natur rationaler Kommunikation abgeleitet werden können (Konversationsimplikatur). (d) Die Annahmen einer Sprachpragmatik werden von Apel und Habermas für eine Transzendentalpragmatik bzw. eine Universalpragmatik fruchtbar gemacht.

Literatur:

  • K.-O. Apel: Sprachpragmatik und Philosophie. Frankfurt 1976
  • J. L. Austin: Zur Theorie der Sprechakte. Stuttgart 1972
  • Bar-Hillel: Indexical Expressions. In: Mind 63 (1954). S. 359 ff
  • H. P. Grice: Logik und Konversation. In: G. Meggle (Hg.): Handlung, Kommunikation, Bedeutung. Frankfurt 1979. S. 243 ff
  • G. H. Mead: Geist, Identität und Gesellschaft. Frankfurt 1973. S. 100 ff
  • R. Montague: Pragmatics. In: R. H. Thomason (Hg.): Formal Philosophy. New Haven 1974
  • Ch. W. Morris: Grundlagen der Zeichentheorie, Ästhetik der Zeichentheorie. Frankfurt 1988.

PP

  • Die Autoren
AA Andreas Arndt, Berlin
AB Andreas Bartels, Paderborn
AC Andreas Cremonini, Basel
AD Andreas Disselnkötter, Dortmund
AE Achim Engstler, Münster
AG Alexander Grau, Berlin
AK André Kieserling, Bielefeld
AM Arne Malmsheimer, Bochum
AN Armin Nassehi, München
AR Alexander Riebel, Würzburg
ARE Anne Reichold, Kaiserslautern
AS Annette Sell, Bochum
AT Axel Tschentscher, Würzburg
ATA Angela T. Augustin †
AW Astrid Wagner, Berlin
BA Bernd Amos, Erlangen
BBR Birger Brinkmeier, Münster
BCP Bernadette Collenberg-Plotnikov, Hagen
BD Bernhard Debatin, Berlin
BES Bettina Schmitz, Würzburg
BG Bernward Gesang, Kusterdingen
BI Bernhard Irrgang, Dresden
BK Bernd Kleimann, Tübingen
BKO Boris Kositzke, Tübingen
BL Burkhard Liebsch, Bochum
BR Boris Rähme, Berlin
BS Berthold Suchan, Gießen
BZ Bernhard Zimmermann, Freiburg
CA Claudia Albert, Berlin
CH Cornelia Haas, Würzburg
CHA Christoph Asmuth, Berlin
CHR Christa Runtenberg, Münster
CI Christian Iber, Berlin
CJ Christoph Jäger, Leipzig
CK Christian Kanzian, Innsbruck
CL Cornelia Liesenfeld, Augsburg
CLK Clemens Kauffmann, Lappersdorf
CM Claudius Müller, Nehren
CO Clemens Ottmers, Tübingen
CP Cristina de la Puente, Stuttgart
CS Christian Schröer, Augsburg
CSE Clemens Sedmak, Innsbruck
CT Christian Tewes, Jena
CZ Christian Zeuch, Münster
DG Dorothea Günther, Würzburg
DGR Dorit Grugel, Münster
DH Detlef Horster, Hannover
DHB Daniela Hoff-Bergmann, Bremen
DIK Dietmar Köveker, Frankfurt a.M.
DK Dominic Kaegi, Luzern
DKÖ Dietmar Köhler, Witten
DL Dorothea Lüddeckens, Zürich
DP Dominik Perler, Berlin
DR Dane Ratliff, Würzburg und Austin/Texas
EE Eva Elm, Berlin
EJ Eva Jelden, Berlin
EF Elisabeth Fink, Berlin
EM Ekkehard Martens, Hamburg
ER Eberhard Rüddenklau, Staufenberg
EWG Eckard Wolz-Gottwald, Davensberg
EWL Elisabeth Weisser-Lohmann, Bochum
FBS Franz-Bernhard Stammkötter, Bochum
FG Frank Grunert, Basel
FPB Franz-Peter Burkard, Würzburg
FW Fabian Wittreck, Münster
GK Georg Kneer, Leipzig
GKB Gudrun Kühne-Bertram, Ochtrup
GL Georg Lohmann, Magdeburg
GM Georg Mildenberger, Tübingen
GME Günther Mensching, Hannover
GMO Georg Mohr, Bremen
GN Guido Naschert, Tübingen
GOS Gottfried Schwitzgebel, Mainz
GS Georg Scherer, Oberhausen
GSO Gianfranco Soldati, Tübingen
HB Harald Berger, Graz
HD Horst Dreier, Würzburg
HDH Han-Ding Hong, Düsseldorf
HG Helmut Glück, Bamberg
HGR Horst Gronke, Berlin
HL Hilge Landweer, Berlin
HND Herta Nagl-Docekal, Wien
HPS Helke Pankin-Schappert, Mainz
HS Herbert Schnädelbach, Berlin
IR Ines Riemer, Hamburg
JA Johann S. Ach, Münster
JC Jürgen Court, Köln
JH Jörg Hardy, Münster
JHI Jens Hinkmann, Bad Tölz
JK Jörg Klawitter, Würzburg
JM Jörg F. Maas, Hannover
JOP Jeff Owen Prudhomme, Macon/Georgia
JP Jörg Pannier, Münster
JPB Jens Peter Brune
JQ Josef Quitterer, Innsbruck
JR Josef Rauscher, Mainz
JRO Johannes Rohbeck, Dresden
JS Joachim Söder, Bonn
JSC Jörg Schmidt, München
JV Jürgen Villers, Aachen
KDZ Klaus-Dieter Zacher, Berlin
KE Klaus Eck, Würzburg
KG Kerstin Gevatter, Bochum
KH Kai-Uwe Hellmann, Berlin
KHG Karl-Heinz Gerschmann, Münster
KHL Karl-Heinz Lembeck, Würzburg
KJG Klaus-Jürgen Grün, Frankfurt a.M.
KK Klaus Kahnert, Bochum
KRL Karl-Reinhard Lohmann, Witten
KS Kathrin Schulz, Würzburg
KSH Klaus Sachs-Hombach, Magdeburg
LG Lutz Geldsetzer, Düsseldorf
LR Leonhard Richter, Würzburg
MA Mauro Antonelli, Graz
MB Martin Beisler, Gerbrunn
MBI Marcus Birke, Münster
MBO Marco Bonato, Tübingen
MD Max Deeg, Cardiff
MDB Matthias Bloch, Bochum
ME Michael Esfeld, Münster
MFM Martin F. Meyer, Koblenz/Landau
MK Matthias Kunz, München
MKL Martin Kleinsorge, Aachen
MKO Mathias Koßler, Mainz
ML Mark Lekarew, Berlin
MLE Michael Leibold, Würzburg
MM Matthias Maring, Karlsruhe
MN Marcel Niquet, Frankfurt a.M.
MQ Michael Quante, Köln
MR Mathias Richter, Berlin
MRM Marie-Luise Raters-Mohr, Potsdam
MS Manfred Stöckler, Bremen
MSI Mark Siebel, Hamburg
MSP Michael Spang, Ellwangen
MSU Martin Suhr, Hamburg
MW Markus Willaschek, Münster
MWÖ Matthias Wörther, München
NM Norbert Meuter, Berlin
OB Oliver Baum, Bochum
OFS Orrin F. Summerell, Bochum
PE Peter Eisenhardt, Frankfurt a.M.
PCL Peter Ch. Lang, Frankfurt a.M.
PK Peter Kunzmann, Jena
PN Peter Nitschke, Vechta
PP Peter Prechtl †
RD Ruth Dommaschk, Würzburg
RDÜ Renate Dürr, Karlsruhe
RE Rolf Elberfeld, Hildesheim
REW Ruth Ewertowski, Stuttgart
RH Reiner Hedrich, Gießen
RHI Reinhard Hiltscher, Stegaurach
RK Reinhard Kottmann, Münster
RL Rudolf Lüthe, Koblenz
RLA Rolf-Jürgen Lachmann, Berlin
RM Reinhard Mehring, Berlin
RP Roland Popp, Bremen
RS Regina Srowig, Würzburg
RTH Robert Theis, Strassen
RW Raymund Weyers, Köln
SD Steffen Dietzsch, Berlin
SIK Simone Koch, Bochum
SP Stephan Pohl, Dresden
SZ Snjezana Zoric, Würzburg
TB Thomas Bausch, Berlin
TBL Thomas Blume, Dresden
TF Thomas Friedrich, Mannheim
TG Thomas Grundmann, Köln
TH Thomas Hammer, Frankfurt a.M.
TK Thomas Kisser, München
TM Thomas Mormann, Unterhaching
TN Thomas Noetzel, Marburg
TP Tony Pacyna, Jena
TW Thomas Welt, Bochum
UB Ulrich Baltzer, München
UT Udo Tietz, Berlin
UM Ulrich Metschl, München/Leonberg
VG Volker Gerhardt, Berlin
VM Verena Mayer, München
VP Veit Pittioni, Innsbruck
VR Virginie Riant, Vechta
WAM Walter Mesch, Heidelberg
WB Wilhelm Baumgartner, Würzburg
WH Wolfram Hinzen, Bern
WJ Werner Jung, Duisburg
WK Wulf Kellerwessel, Aachen
WL Winfried Löffler, Innsbruck
WM Wolfgang Meckel, Butzbach
WN Wolfgang Neuser, Kaiserslautern
WP Wolfgang Pleger, Cochem/Dohr
WS Werner Schüßler, Trier
WST Wolfgang Struck, Erfurt
WSU Wolfgang Schulz, Tübingen
WvH Wolfram von Heynitz, Weiburg

Herausgegeben von Peter Prechtl (†) und Franz-Peter Burkard.

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