Metzler Lexikon Philosophie: Quantität
die zählbare Menge oder messbare Größe von Dingen. Bei Aristoteles ist Q. die zweite Kategorie nach der Substanz (Kategorien 4 b 20 ff.; Met. 1020 a 7 ff.). Danach ist Q. allgemein das Teilbare. Handelt es sich beim Teilbaren um eine Menge, die in Zahlen ausgedrückt wird, spricht man von diskreter Q. Eine messbare Größe hingegen heißt kontinuierliche Q. Größen fächern sich gemäß den räumlichen Dimensionen auf in Länge, Breite und Tiefe und damit verbunden in Linie, Fläche und Körper. Zahlen und Größen sind wesentliche Q.en, im Hinblick darauf, welche weiteren akzidentellen Q.en bestimmt werden können. So spricht man von »viel« weißer Farbe im Hinblick auf die Größe der bemalten Fläche oder von einer »langen« Bewegung im Hinblick auf Zeit und Strecke, in der sich etwas bewegt. – Die Mathematik bestimmt die Abhängigkeiten und Beziehungen zwischen Mengen und Größen in Abstraktion von ihrer physischen Gegebenheit. Die diskrete Q. der Zahlen ist Gegenstand der Arithmetik. Die kontinuierliche Q. von Punkt, Linie, Fläche und Körper ist Gegenstand der Geometrie. Die Naturwissenschaft baut auf der Mathematisierung der Q. auf. Sie bestimmt verschiedene Objekte nach Zahlen und Maßen und macht sie somit vergleichbar und aufeinander beziehbar. Sie bestimmt darüber hinaus die Qualität von Objekten durch quantitative Analyse. Im Zusammenhang mit der sich ausbildenden Naturwissenschaft treten die Begriffe der Ausdehnung, der Kraft und der Masse zu Q. hinzu. – Im MA. nimmt der Begriff der Q. eine Sonderstellung unter den Akzidentien (Akzidenz) ein, und sein Verhältnis zu Substanz und Qualität wird im Rahmen der Transsubstantiationstheologie und der Frage nach der Gegenwart Christi in der eucharistischen Wandlung zu einem besonderen Problem. Thomas von Aquin behauptet eine realistische Position, wonach Q. ein von Substanz und Qualität real unterscheidbares Sein habe. Sie ermögliche der Substanz die Aufnahme einer Qualität, so wie die Oberfläche eines Gegenstandes die Voraussetzung seiner Farbigkeit ist, und habe deshalb Vorrang in der ontologischen Struktur (S. th. III, qu. 76 f.). Ockham und der Nominalismus leugnen dagegen die eigenständige Existenz der Q. – Pufendorf kennt eine moralische Q., die den Geltungsbereich von Handlungsnormen betrifft und bessere von schlechteren Handlungen abgrenzen soll. – Kant unterscheidet bzgl. der Q. des Urteils allgemeine, besondere und einzelne Urteile gemäß dem Verhältnis des Umfangs des Prädikats zum Subjekt (KrV B 95 f.). In der transzendentalen Logik umfasst Q. als eine Gruppe der reinen Verstandesbegriffe oder Kategorien Einheit, Vielheit und Allheit (KrV B 102 ff.). – Unter Rückgriff auf Hegel betrachtet es der dialektische Materialismus als eines seiner Grundgesetze, wonach quantitative Änderungen in qualitative umschlagen und zu neuen Qualitäten führen. Als Beispiel dient der qualitative Wechsel des Aggregatzustandes von Wasser durch die quantitative Änderung der Temperatur (MEW 20, 349).
Literatur:
- Aristoteles: Kategorien. Kap. 6
- Ders.: Metaphysik. V, 13
- I. Kant: Kritik der reinen Vernunft. B 95 ff., B 102 ff
- A. Maier: Metaphysische Hintergründe der spätscholastischen Naturphilosophie. Rom 1955
- K. Marx/F. Engels: Anti-Dühring (Werke Bd. 20). Berlin 1962
- S. Pufendorf: De jure naturae et gentium. Nachdr. Frankfurt 1967. Bd. 1. Buch 5, Kap. 1, § 2
- Wilhelm v. Ockham: Opera theologica. St. Bonaventure 1984. Bd. 7. S. 71 ff.
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