Metzler Lexikon Philosophie: Signifikanz
(1) Der Logische Empirismus hat durch seine beiden Theoreme, das Sinntheorem (Sinnkriterium) und das Basistheorem, festgelegt, alle Sätze ohne empirische S. als wissenschaftlich sinnlos zu bezeichnen. Die empirische S. ist allgemein dadurch bestimmt, dass sich jede synthetische Aussage (bzw. Aussagen mit dem Anspruch auf Realerkenntnis) entweder als wahr oder als falsch ausweisen lassen muss. Die Diskussion über das Signifikanzkriterium, die eine Präzisierung bieten sollte, führte zu einer Abfolge von Festlegungen des Kriteriums in folgenden Thesen: (1) Die Beobachtungssätze bilden die Klasse empirisch sinnvoller Aussagen; (2) eine synthetische Aussage ist genau dann empirisch signifikant, wenn es Beobachtungssätze gibt, zu denen diese Aussage in der deduktiven Relation steht, d.h. sich daraus ableiten lässt (d.i. relationale Kriterien der S.); (3) eine synthetische Aussage ist genau dann empirisch signifikant, wenn sie in eine empiristische Sprache übersetzbar ist (d.i. Übersetzungskriterium der empirischen S.); (4) da die wissenschaftlichen Theorien zu einem Teil aus der Beobachtungssprache bestehen, zu einem größeren Teil aus der theoretischen Sprache (in der alle Grundgleichungen der naturwissenschaftlichen Theorie gebildet werden), ist es erforderlich, beide Teilsprachen durch spezielle Regeln miteinander zu verknüpfen, nämlich durch Zuordnungs- oder Korrespondenzregeln. Diese Regeln enthalten Ausdrücke aus beiden Sprachen, d.h. Beobachtungsterme und theoretische Terme. Auf die Verknüpfung stützt sich die empirische Interpretation der Theorie (Carnaps Zweistufenkriterium der empirischen S.).
(2) In der Theorie des Symbolischen Interaktionismus von G. H. Mead wird denjenigen Symbolen S. zugesprochen, die ein gemeinsames Wissen von sozialen Handlungen für die Personen einer Gemeinschaft (d.i. die Teilnehmer eines gemeinsamen gesellschaftlichen Erfahrungs- und Verhaltensprozesses) verkörpern. Ein einfacher Reiz wird dann zu einem signifikanten Symbol, wenn dadurch das Individuum für sich wie für andere die Vorstellung einer bestimmten Verhaltensweise in Bezug auf diesen Reiz hervorzurufen vermag. Die S. eines Dinges besteht darin, dass es für ein Individuum nicht nur eine bestimmte Reizbedeutung besitzt, sondern auch die Komponente sinnvollen Verhaltens in Bezug auf dieses Ding beinhaltet. Das Kriterium für die S. von Symbolen und damit für das gemeinsame Wissen von Bedeutungen kann nur im erfolgreichen Vollzug der sozialen Handlung selbst liegen. Ein signifikantes Symbol repräsentiert dann nicht partikulare Reaktionsmuster und Situationen, vielmehr bilden diese Symbole ein umfassendes System allgemeiner Bedeutungen (i.S. von Universalien). Nur so ist es vorstellbar, dass die Personen einerseits auf eine Vielzahl (d.h. eine unabgeschlossene Menge) von Reizen sinnvoll sich verhalten können und andererseits einen Spielraum von Möglichkeiten der Verständigung zur Verfügung haben. Im Hinblick auf die Funktionsweise signifikanter Symbole ist von einer Situation auszugehen, in der mindestens zwei Organismen wechselseitig auf Handlungsimpulse so reagieren, dass unter Berücksichtigung der antizipierten Handlungsweise des anderen die angestrebten Handlungsziele realisiert werden können. Signifikante Gesten werden dann zu siginifikanten Symbolen, wenn die in der Interaktion entstandenen Gesten für die an der Handlung beteiligten Individuen gleiche Bedeutung aufweisen. Die Bedeutungsgleichheit der signifikanten Symbole besteht in dem Verweis auf eine spezifische Handlungstendenz. Entsprechendes gilt für die sprachlichen Zeichen: Sie werden von den an der Interaktion beteiligten Personen wahrgenommen und in der gleichen Weise interpretiert. Sprache als System gemeinsamer Bedeutungen ist in ein System gemeinsamer Handlungen integriert.
Literatur:
- G. H. Mead: Geist, Identität und Gesellschaft. Frankfurt 1973. S. 107 ff
- W. Stegmüller: Theorie und Erfahrung. Probleme und Resultate der Wissenschaftstheorie und Analytischen Philosophie. Bd. II. Berlin/Heidelberg/New York 1970. S. 181 ff.
PP
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