Metzler Lexikon Philosophie: Theologie
Th. als Rede oder Lehre von Gott gibt es als solche in vielen Religionen, die eine hinreichende Reflexion als Durchdenken ihrer Religion von innen ausbilden. Im Unterschied dazu bestehen Wahrheitsanspruch und -kriterium der Religionsphilosophie und der Religionswissenschaft nicht in der Richtigkeit der Aussage in Bezug auf Gott, sondern auf die Religion. – Die abendländische Wortverwendung ist Spiegelbild der wechselnden geistesgeschichtlichen Einstellung zum Gottesgedanken. Platon übernimmt die Bedeutung als Rede von den Göttern, und bewahrt damit auch die sophistische Skepsis gegen die mythische und kultische Tradition. Ganz anders füllt Aristoteles den Begriff, im Einklang mit seinem Verständnis vom Göttlichen: Die Th. stellt er als betrachtende Wissenschaft in die Reihe von Mathematik und Physik, aber noch über diese, denn ihrem Gegenstand nach ist sie die erhabenste (Met. 1026a). Im christlichen Umfeld setzt sich der heidnisch »vorbelastete« Begriff nur zögernd durch und dann in Konkurrenz zum beliebteren »oikonomia«, was stärker das Handeln Gottes in Schöpfung, Erlösung und Vollendung zum Ausdruck bringen kann. Umgekehrt führt die Wiederentdeckung des Aristoteles zu einer natürlichen Th. im Sinne einer Metaphysik des höchsten Seins, nebst der nötigen Zuordnung von Natur und Gnade, von Glauben und Wissen, von Philosophie und Th., die das thomasische und das Denken der Neuscholastik durchzieht. Die christliche Th. bezog und bezieht aus der jeweils zeitgenössischen Philosophie Denkmodelle, mit denen sie ihre Botschaft, wie sie sich in der Schrift (und der Tradition) findet, explizieren und rechtfertigen kann. Dies trifft nicht nur für die Gotteslehre zu (die Dogmen z.B. über Trinität werden auf dem Hintergrund des Gemeinguts spätantiker philosophischer Begrifflichkeit formuliert), sondern auch andere Kernbereiche der Dogmatik wie die Christologie, theologische Anthropologie und die Schöpfungslehre. Umgekehrt wirken im Rahmen der Th. konzipierte Begriffe und Modelle auf die Philosophie ein, wie z.B. der Personbegriff. Der These Löwiths (Weltgeschichte und Heilsgeschehen, 1949) folgend, steht die Eschatologie (die Lehre vom Ende der Welt) am Anfang der Geschichtsphilosophie. Weitere dogmatische Themen sind die Kirche in der Ekklesiologie und die Sakramentenlehre.
Die Einteilung bzw. der Aufbau der Th. folgt heute einer Unterscheidung zwischen »spekulativen« und »positiven« Disziplinen. Sie trägt damit auch gegenwärtigen methodischen Ansprüchen Rechnung, da verschiedene Aspekte des Gegenstands der Th., die Lehre von Gott, seiner Botschaft und seines Handelns, und deren Entfaltung in der Kirche je angemessene wissenschaftliche Beschäftigung erfahren. Zur »positiven« Th. gehören die biblischen Fächer (Exegese) und die Kirchengeschichte, die sich weitgehend an den methodischen Vorgaben entsprechender »profaner« Wissenschaften (z.B. der Philologie) orientieren. Die »spekulativen«, heute meist »systematisch« genannten Disziplinen der Dogmatik, Moraltheologie und Fundamentaltheologie (früher: Apologetik) beziehen ihr Instrumentarium aus der Philosophie (bedeutend Heideggers Einfluss auf die Transzendentaltheologie und die kerygmatische Th.) und der Hermeneutik. Zu den praktischen Fächern zählen Kirchenrecht, Liturgik, Pastoraltheologie (mit Homiletik), Religionspädagogik (Katechetik) und Sozialethik, in die Erkenntnisse benachbarter Humanwissenschaften einfließen können.
Literatur:
- J.B. Metz: Theologie. In: Lexikon für Theologie und Kirche. Bd. 8. S. 62–71
- G. Picht (Hg.): Theologie – was ist das? Stuttgart/Berlin 1977
- R. Schaeffler: Wechselbeziehungen zwischen Philosophie und katholischer Theologie. München 1978
- H. Zahrnt: Die Sache mit Gott. München 81988.
PK
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